Entdeckungsreisen

Die Community of Practice im Spannungsfeld zwischen Unternehmens- und Angestellteninteressen

Einleitung

Zeiten ändern sich. Auch Unternehmen spüren den Wandel in einer globalisierten Wirtschaft (vgl. Franke, 2001, S. 9). Aufgrund der Globalisierung und des damit steigenden Wettbewerbsdrucks der vergangenen Jahrzehnte sind Kosten zu einem bestimmenden Kriterium der Unternehmensführung geworden (vgl. Senge, 2011, S. 5). Die Weiterbildung von Angestellten steht als Kostenfaktor damit stets zur Debatte (vgl. Karg, 2006, S. 33; vgl. Rohs & Schmidt, 2009, S. 8), zumal nicht nur direkte Organisationskosten anfallen, sondern auch Opportunitätskosten durch Weiterbildungszeiten, in denen die Angestellten nicht produktiv arbeiten. Gleichzeitig besteht die Notwendigkeit, neue und innovative Produkte und Leistungen auf den Markt zu bringen (vgl. Rohs & Schmidt, 2009, S. 8). Der Innovationsfokus der Unternehmen führt zu zunehmender Eigenverantwortung der Teilorganisationen, wie auch zu einer Abnahme der Hierarchisierung (vgl. Karg, 2006, S. 21). Gesteigerter Austausch unter den Angestellten ist schon deshalb notwendig, weil die Zunahme des Wissens über alle Fachbereiche hinweg zu einer verstärkten Spezialisierung geführt hat (vgl. Karg, 2006, S. 24). Erst durch Kommunikation kann das jeweils notwendige Wissen zusammengetragen und fürs Unternehmen als organisationales Wissen nutzbar gemacht werden (vgl. Karg, 2006, S. 26). Unternehmen benötigen insbesondere kollektives Wissen, da sie in ihren Arbeitsabläufen in aller Regel auf kooperative Handlungsketten aufbauen (vgl. Heiss, 2009, S. 80). Dabei steht nicht von vornherein fest, welche Fähigkeiten Angestellte aufweisen müssen, um künftige Produkte erfolgreich entwickeln zu können (Franke, 2001). Dazu sind neue Ideen und kreative Herangehensweisen an altbekannte und neu aufkommende Probleme und deren Lösungen in Form von Produkten oder Dienstleistungen erforderlich. Hier eröffnet sich ein weites Feld von Weiterbildungsbedarf, der jedoch in der Regel nicht anhand klassischer Curricula bedient werden kann. Stattdessen sind Kompetenzen wie kreative Problemlösungsmethoden, Selbstorganisationsfähigkeiten und selbstgesteuertes Lernen (vgl. Rohs, 2020, S. 449; vgl. Stegemann, 2008, S. 17) sowie Lernen nebenbei während der Arbeitsvollzüge (vgl. Dohmen, 2001, S. 19) gefragt.

Kennzeichnend für geistig geprägte Arbeit mit hohem Wertschöpfungsanteil ist die starke Bedeutung des Erwerbs, des Umgangs mit, des Einsatzes von und der Weitergabe von Wissen. Diese Tätigkeiten werden als Wissensarbeit bezeichnet (vgl. Müller & Meyer, 2012, S. 153). Berufe der Wissensarbeit fußen zu einem wesentlichen Teil auf Information und Kommunikation, wobei es nicht einfach um die Quantität geht, da zu viel Informationsfluß auch paralysieren kann (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 48). Obwohl sich Wissensarbeit meistens im Büro am Schreibtisch abspielt, so ist sie nicht darauf beschränkt. Auch in physischen Produktionsprozessen wie maschinellen Fertigungsstraßen finden sich vielfältige Aufgaben, Probleme zu erkennen, zu bewerten, zu lösen und Verbesserungen vorzunehmen (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 35).

Unternehmen stellen immer wieder fest, daß in den Köpfen ihrer Angestellten zwar viel Wissen steckt, dieses Wissen jedoch träge bleibt (vgl. Karg, 2006, S. 26) und von seinen Wissensträgern nicht zur praktischen Anwendung gebracht werden kann (vgl. Nolda, 2023, S. 443), weil es entweder an Motivation der einzelnen Angestellten mangelt, dieses Wissen in praktische Handlungen umzusetzen, oder weil die Weitergabe dieses Wissens an andere Angestellte unterbleibt. Für einen funktionierenden Wissensaustausch im Unternehmen müssen die Angestellten auch bereit dazu sein (vgl. Heiss, 2009, S. 81). Angst vor Statusverlusten und möglicher Ersetzbarkeit, oder Hoffnung auf persönliche Vorteile durch überlegenes Wissen (vgl. Heiss, 2009, S. 92) kann Motivation sein, eigenes Wissen nicht weiterzugeben. Dabei ist weniger eine zufällige Weitergabe beliebigen Wissens an beliebige andere Angestellte notwendig, sondern die Identifizierung der Angestellten, die einen konkreten Wissensbestand in ihrer Arbeit praktisch einsetzen und verwerten könnten. Zudem haben Unternehmen erkannt, daß nicht alles Wissen in Form schriftlicher (auch elektronisch-schriftlicher) Dokumentation vorliegt, sondern als implizites oder stilles Wissen teilweise gar nicht unmittelbar ausdrückbar ist. Hier spricht man häufig von Erfahrungswissen (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 62), auch wenn dieses nur einen kleine Ausschnitt des impliziten Wissen darstellt.

Während die obigen Überlegungen aus Unternehmenssicht auf die moderne Wissensarbeit gerichtet waren, so können die Perspektiven der Angestellten nicht vernachlässigt werden. Diese unterscheiden sich zwar individuell, werden jedoch in dieser Abschlußarbeit dennoch unter eine kollektive Perspektive „der Angestellten“ subsumiert. Ein Gesichtspunkt, unter dem diese Angestelltenwünsche betrachtet werden können, ist das Maß der Autonomie, also der Selbstbestimmung. Wieviel bestimmt die Führungskraft oder andere Organe des Unternehmens, wieviel können Angestellte selbst in die Hand nehmen?

Damit stehen sehr unterschiedliche Interessenlagen nebeneinander: Unternehmen wünschen die (Kosten-)Effizienz zu steigern und versteckte (Wissens-)Potentiale zu heben. Angestellte wünschen mehr Autonomie und Selbstwirksamkeit. Eine Organisationsmethode, die beiden Seiten gerecht werden soll, ist die Community of Practice. Ursprünglich aus der ethnologisch-anthropologischen und bildungswissenschaftlichen Forschung (vgl. Lave & Wenger, 1991) heraus entwickelt, ist sie mittlerweile eine in Unternehmen weitverbreitete Methode (vgl. Mohajan, 2017, S. 28). These dieser Abschlußarbeit ist, daß Communities of Practice sowohl den Interessen der Unternehmen, als auch denen der Angestellten entgegenkommen und somit in diesem Spannungsfeld eine vermittelnde Funktion einnehmen können. Doch inwiefern kann die Community of Practice den Anforderungen und Bedürfnissen beider Seiten gerecht werden? Daraus ergibt sich folgende Forschungsfrage:

„Welchen Beitrag leisten Communities of Practice zur Vermittlung zwischen Unternehmens- und Angestellteninteressen in der betrieblichen Weiterbildung?“

Die Interessen beider Seiten werden in dieser Abschlußarbeit mittels geeigneter bildungswissenschaftlicher Theorien untersucht und miteinander in Bezug gebracht. Die Abschlußarbeit ist literaturbasiert, sie wertet existierende Publikationen aus, die zur Beantwortung der Forschungsfrage beitragen. Der Kreis der Publikationen ist vorwiegend bildungswissenschaftlich und pädagogisch, jedoch sind zu diesem Thema auch Arbeiten der Wirtschaftswissenschaften, der Psychologie oder der Organisationswissenschaften relevant und werden an passender Stelle einbezogen. Um sich einer Antwort auf die Forschungsfrage zu nähern, wird zunächst der Begriff der Community of Practice erläutert und seine originären Theorien, das Situierte Lernen (siehe Kapitel 2.1.1) und das Soziale Lernen (siehe Kapitel 2.1.2), eingeführt. Daraufhin wird die Abbildung dieser grundlegenden Theorien auf die praktische Umsetzung der Community of Practice in Unternehmen skizziert (siehe Kapitel 2.2). Anschließend werden die Interessenlage der Unternehmen und die der Angestellten getrennt voneinander erarbeitet und jeweils dazu passende bildungswissenschaftliche Theorien eingeführt, sowie die Community of Practice auf diese Theorien angewendet. Danach wird die Community of Practice umfassend daraufhin untersucht, inwiefern sie den Interessenlagen beider Seiten gerecht wird, beziehungsweise inwiefern sie aus Theoriesicht überhaupt geeignet ist, die Interessen zu befriedigen (siehe Kapitel 3 und Kapitel 4). Es folgen übergreifende Erwägungen, die sich auf Unternehmen und Angestellte zugleich beziehen (siehe Kapitel 5). Im abschließenden Kapitel 6 werden die Hauptergebnisse knapp zusammengefaßt und Handlungsempfehlungen für die erfolgreiche Anwendung einer Community of Practice in Unternehmen gegeben. Die Abschlußarbeit schließt mit einem Ausblick.

Die Community of Practice

Communities of Practice sind ein Beispiel für eine erfolgreiche Übernahme ursprünglich akademischer Forschungskonzepte in die Unternehmenspraxis. Nicht nur Großkonzerne (vgl. Davenport & Probst, 2002a; vgl. Gongla & Rizzuto, 2001; vgl. Karboul, 2008, S. 184; vgl. North et al., 2004, S. 38; vgl. Probst & Borzillo, 2008, S. 337), auch mittlere und kleinere Unternehmen richten häufig Communities of Practice ein (vgl. Smith et al., 2019, S. 65; vgl. Tachkov & Mertens, 2016, S. 29).

Die Verwendung des Begriffs der Community of Practice in Unternehmen ist uneinheitlich. Es kann sich um explizit eingerichtete Arbeitsgruppen handeln, die ein bestimmtes Thema bearbeiten. Häufig sind sie crossfunktional aufgestellt, und gerade diese querschnittliche Besetzung wird als Wesensmerkmal der Community of Practice angesehen. In anderen Fällen handelt es sich um den Namen eines Regeltermins, in dem Angestellte einer bestimmter Rolle (z.B. Softwarearchitektin oder Softwarearchitekt) zusammenkommen, um unter Gleichgesinnten die eigenen Probleme und Herausforderungen zu erörtern, aber auch, um ein Gemeinschaftsgefühl zu erleben, beispielsweise „als Softwarearchitekten“. Es ist dabei nicht wichtig, ob eine Community of Practice im Unternehmen als solche bezeichnet wird, andere gängige Bezeichnungen können „Innovationszirkel“, „Kompetenznetzwerke“ oder viele andere sein (vgl. North et al., 2004, S. 16), lediglich auf die Art der Gruppe und ihre Eigenschaften kommt es an.

In den wenigsten Fällen wird in Unternehmen ein Bewußtsein existieren, daß das akademische Konzept der Community of Practice ein deskriptives, kein organisatorisches ist. Der Begriff bezeichnet bestimmte Konstellationen von Personen und deren Beziehungen zueinander in einem Lernkontext. Denn die Community of Practice bezeichnet nach ursprünglicher Begriffsbildung einen Prozeß der Legitimen Peripheren Partizipation (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 98), in dem Teilnehmer neu in die Gemeinschaft kommen und dort in einem sozialen Prozeß Fähigkeiten erwerben (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 29). Dabei steht das Berufssetting stets im Vordergrund, eine Anwendung auf den schulischen Bereich ist unüblich (vgl. Czauderna, 2014, S. 44). Die Veröffentlichungen im Schulkontext beziehen sich so auch in aller Regel auf das Kollegium als Berufsgemeinschaft (vgl. Bloh & Bloh, 2016; vgl. Jadin, 2016). Das Konzept der Community of Practice entstand zwar als Analysekategorie des Situierten Lernens und später des Sozialen Lernens, jedoch erkannte Wenger auch bald die Anwendbarkeit auf konkrete Problemstellungen von Unternehmen, beispielsweise des Wissensmanagements (siehe den Untertitel von Wenger et al., 2002: „A Guide to Managing Knowledge“).

Theoretische Rahmung

Aufgrund der Genese im akademischen Setting an der Schnittstelle von Anthropologie und Bildungswissenschaft (vgl. Czauderna, 2014, S. 38) und der anschließenden Kommerzialisierung durch Beratungsdienstleistungen (Wenger-Trayner & Wenger-Trayner, 2021) weist auch die Primärliteratur zur Community of Practice eine dementsprechende Teilung auf: Die drei grundlegenden Veröffentlichungen der Community of Practice schlagen in ihrem Zeitverlauf einen Bogen von der Theorie zur Praxis (vgl. Czauderna, 2014, S. 38): während in der Zusammenarbeit von Lave und Wenger zunächst das abstrakte Konzept der Situierten Lernens zugrundeliegt (vgl. Lave & Wenger, 1991), jedoch auch der Begriff der Community of Practice selbst geprägt wird, so konkretisiert Wenger die Theorie zum Sozialen Lernen und wendet sie spezifisch auf berufliche Settings an (vgl. Wenger, 1998). Schließlich besteht die Notwendigkeit, die Theorie noch knapper und greifbarer für Berufstätige und Führungskräfte darzustellen und auch Handlungsempfehlungen und Hinweise auf typische Fehlentwicklungen in der Anwendung zu geben (vgl. Wenger et al., 2002). In Folgearbeiten wurden dann die Innovationskraft (vgl. Brown & Duguid, 1991, S. 51) oder die Abgrenzung zu bestehenden, tradierten Organisationsformen in Unternehmen (Wenger & Snyder, 2000) herausgearbeitet. Es müssen daher zwei theoretische Richtungen betrachtet werden: das Situierte Lernen als abstraktere, klassisch bildungswissenschaftliche Theorie (siehe Kapitel 2.1.1), sowie die durch Wenger begründete praxisnahe Theorie der Community of Practice, die weniger abstrakt und stärker organisationswissenschaftlich geprägt ist, jedoch auch einen bildungswissenschaftlichen Theoriekern aufweist. Diesen Theoriekern bezeichnet Wenger als Soziales Lernen (siehe Kapitel 2.1.2).

Situiertes Lernen

Situiertes Lernen ist mehr als „Learning by Doing“. Die Situierung bezeichnet nicht lediglich eine Lernumgebung im Sinne eines weltlichen Ortes oder einer praktischen Berufstätigkeit, sondern konzentriert sich auf die sozialen Prozesse (vgl. Czauderna, 2014, S. 43; vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 31). Wissen ist insofern situiert, als es von der konkreten Handlung, dem Anwendungsfeld und der umgebenden Kultur mitbestimmt wird (vgl. von Wright, 1992, S. 66). Beim Situierten Lernen prägt diese soziale Umgebung das Lernen. Lernen ist an keinen bestimmten Zweck gebunden, dem sich die Lerner durch Lernaufgaben gezielt nähern, sondern wirkt eher in Form von Enkulturation (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 66) und geschieht durch „aktives Handeln und praktische Erfahrungen“ (Dehnbostel, 2022, S. 67). An Stelle des rein individuellen Lernens tritt eine allmähliche, durch die Gruppe ermöglichte Entwicklung von Neu-Teilnehmern zu Alt-Teilnehmern (vgl. Czauderna, 2014, S. 44), die mit einer graduell zunehmenden Qualität der Partizipation in der Gruppe einhergeht: von peripherer Partizipation zu vollständiger Partizipation. Der Übergang von Neu-Teilnehmern zu Alt-Teilnehmern ist dabei nicht abrupt und binär, ebensowenig lassen sich die Akteure dichotom in Lehrer und Lerner kategorisieren. Stattdessen existiert in einer Community of Practice ein ganzes Sozialgefüge unterschiedlicher Personen, deren Verhältnisse zueinander komplexer sind (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 56). Beispielsweise kann eine Community of Practice, die sich in einem klassischen Lehrbetrieb einstellt, aus Gesellen, Meistern, aber auch aus „Alt-Meistern“, die vormals die Meister ausgebildet haben, bestehen (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 56). Insofern sind Begriffe wie „Neu-Teilnehmer“ oder „Alt-Teilnehmer“ relativ und relational zu verstehen; in einem anderen Kontext können Alt-Teilnehmer selbst relative Neu-Teilnehmer sein (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 57).

Lernen geschieht durch Beobachten erfahrener Teilnehmerr in Praxissituationen (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 78). Jedoch reicht die Beobachtung nicht aus, in der Community of Practice können Neuzugänge auch partizipieren, wodurch sie die Kultur der Gruppe von innen aufnehmen anstatt diese lediglich von außen zu beobachten (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 95). Dazu müssen sie jedoch ein breites Spektrum realer (Arbeits-)Situationen beobachten können und nicht ausschließlich ausgewählten, als lehrreich empfundenen Situationen ausgesetzt werden (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 86). Dadurch erwerben die Neu-Teilnehmern einen ganzheitlichen Blick auf die Domäne und erkennen, welchen Umfang die Tätigkeit aufweist (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 93). Wenn die Experten Neu-Teilnehmern jedoch als Lehrer anstatt als Gleichrangige gegenübertreten, die lediglich einen Erfahrungs- und Wissensvorsprung besitzen, so wird Lernen behindert (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 76).

Lave und Wenger untersuchen Lehr-Lernprozesse unter Zuhilfenahme des Konzepts der Peripheren Legitimen Partizipation. Es handelt sich um kein eigenständiges Lehr-Lern-Konzept, das in einem Lernsetting umgesetzt werden könnte, sondern lediglich um eine Analysekategorie (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 40–41) für soziale Figurationen in klassischen Lehrverhältnissen, wobei Lave und Wenger ihre ethnologische Betrachtung um eine Betrachtung der Anonymen Alkoholiker als untypische Konstellation erweitern (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 79–84). Die Umsetzung in ein Lehr-Lernkonzept erfolgte erst später, insbesondere durch Wenger (siehe Kapitel 2.1.2). Teilnehmer können sich zu Beginn ihrer Partizipation am Rande der Praxis, also peripher, befinden, da sie im Lernprozeß noch zu weit am Anfang stehen, um bereits für die Gruppe wertvolle Ergebnisse zu produzieren. Durch sukzessives Eintauchen in die soziale Praxis der Gruppe werden sowohl das eigene Identitätsempfinden, als auch die Motivation zur weiteren Partizipation und Selbstverbesserung gestärkt (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 91). Die periphere Partizipation ist ein zweischneidiges Schwert. Sofern die Peripheralität bedeutet, daß eine künftige vollständige Partizipation an der sozialen Praxis nicht möglich ist, beispielsweise aus Statusgründen, so bedeutet sie eine dauerhafte Herabstufung in eine zweite Klasse der Gruppenmitgliedschaft. Sofern die künftige vollständige Partizipation an der sozialen Praxis nicht nur möglich, sondern auch erklärter Wunsch der Gruppe ist, bietet sie eine Entwicklungsmöglichkeit über Hierarchie- und Statusgrenzen hinweg (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 36). Legitimität erhält die Partizipation der Neu-Teilnehmern durch die explizite soziale Übereinkunft, zu solch peripherer Partizipation einzuladen. Zur vollen Partizipation motiviert insbesondere, von erfahrenen Experten der Community of Practice akzeptiert und anerkannt zu werden (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 110). Legitime periphere Partizipation bezeichnet Prozesse, die Menschen verändern, indem die Teilnehmer eine eigene Identität ausbilden, die auf Wissen und Kompetenz im Kontext der Domäne der Community of Practice beruht. Auch die Communities of Practice als Gruppen verändern sich, indem sich die Gemeinschaft im Zeitverlauf nicht nur reproduziert, Teilnehmer ausscheiden und neu hinzukommen (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 55).

Legitime periphere Partizipation bedeutet nicht, daß auch illegitime Partizipation existiert, sondern betont nur den Legitimitätsaspekt, um soziales Verhalten zu beschreiben und zu verstehen (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 35). Es existiert eine legitime Partizipation ohne periphere Partizipation, wenn sie Partizipation in der Gruppe zwar sozial gestattet ist, aber die Partizipation an der Praxis der Gruppe dennoch eingeschränkt ist oder gar verweigert wird (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 104). Auf diese Weise besteht kein Zugang zum Kern der Community of Practice, der sozialen Praxis, sondern lediglich Zugang zur organisatorisch-administrativen Hülle. Erfahrene Teilnehmer einer Community of Practice können die legitime Partizipation der Neu-Teilnehmern unterstützen, indem sie sie deren Äußerungen nicht kritisieren oder direkt korrigieren, sondern eigene Ansichten äußern, die den Neu-Teilnehmern eine produktivere Lerngelegenheit bieten (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 106). Dies ist ein Beispiel für die grundlegende Empfehlung, auf spezielle pädagogisch motivierte Kommunikationsformate und Übungen zu verzichten und stattdessen normale gruppeninterne Kommunikation zu nutzen, insbesondere in Form von Gesprächen und narrativen Erzählungen, wobei sich Problemfälle und besonders schwierige Entscheidungen der Vergangenheit besonders eignen (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 108). Ziel ist unter anderem, die gruppeneigene Sprache und Ausdrucksweise zu erlernen. Sprache, in Form von Fachjargon oder gewachsener, gruppenspezifischer Formulierungen, ist wichtiger Bestandteil einer Praxis und führt zu einer Stärkung der Gruppenidentität (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 85). Jedoch geht es nicht darum, durch Sprache zu lernen, sondern sprechen zu lernen (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 109) und dadurch vollständige Partizipation zu erlangen. Die Identitätsentwicklung einzelner Teilnehmerr wird jedoch nur angeschnitten und nimmt bei Wenger als zentralem Bestandteil seiner theoretischen Fundierung der Community of Practice dann breiteren Raum ein (siehe Kapitel 2.1.2).

Soziales Lernen

Die Community of Practice in der wengerschen Definition weist drei konstitutive Merkmale auf: die Domäne, die Gemeinschaft und die geteilte Praxis (vgl. Wenger et al., 2002, S. 27). Die Domäne beschreibt das Thema, das als gemeinsames Interesse der Gruppe fungiert und zudem von Bedeutung für den Geschäftsbetrieb des Unternehmens ist (vgl. North et al., 2004, S. 42). Die Gemeinschaft besteht aus denjenigen, die das Thema gemeinsam bearbeiten oder verantworten möchten. Der Gemeinschaftsaspekt der Community of Practice entsteht durch die unbestimmte Dauer ihrer Existenz, die jedenfalls nicht nur kurzzeitig ist (vgl. North et al., 2004, S. 43). Die Teilnehmern entwickeln eine gemeinsame Haltung, eine gemeinsame Art zu handeln und zu denken (vgl. Mohajan, 2017, S. 47). Praxis sind gemeinsame historische und soziale Perspektiven auf die Welt, die gegenseitige Beteiligung an der gemeinsamen Tätigkeit fördern (vgl. Wenger, 1998, S. 5). Die gegenseitige Beteiligung bezeichnet die sozialen Relationen der beteiligten (vgl. Wenger, 1998, S. 73). Ihre Arbeitsaufgabe könnte genauso von anderen erledigt werden, aber die konkreten und spezifischen Arten der Abhängigkeiten, die sozialen Beziehungen und die emotionalen Verbindungen zwischen den konkret Handelnden sind ihnen eigen. Darin geht die Community of Practice über ein reines Netzwerk von Personen hinaus, die sich kennen und miteinander sprechen, aber relativ losgelöst voneinander handeln (vgl. Wenger, 1998, S. 74). Geteilte Praxis können Erfahrungen sein, aber auch daraus resultierende Geschichten. Dazu gehört auch das geteilte Repertoire (vgl. Wenger, 1998, S. 73), beispielsweise die Nutzung bestimmter Werkzeuge und Softwareprogramme, Methoden, aber auch erarbeitete Dokumente (vgl. Mohajan, 2017, S. 46–47). Das geteilte Repertoire beeinflußt die Sicht der Teilnehmern auf die Domäne und damit auch ihre Handlungen (vgl. North et al., 2004, S. 43). Dieses Verständnis eines geteilten Repertoires wird jedoch teilweise auch als zu unscharf kritisiert; es erlaube letztenendes jedes auch oberflächliche oder bedeutungslose Kriterium als Anhaltspunkt einer Gemeinschaft zu sehen, wodurch die Community of Practice beliebig (vgl. Romhardt, 2002, S. 36) würde.

Die Community of Practice endet jedenfalls dort, wo das gemeinsame Wissen endet, das den Kern des Zusammengehörigkeitsgefühls bildet (vgl. Enkel et al., 2002, S. 118). Wichtiges Merkmal ist auch die Freiwilligkeit der Teilnahme, wobei North et. al. die Freiwilligkeit ausdrücklich beidseitig verstehen, denn die Community of Practice ist nicht völlig offen, sondern kann interessierte neue Personen auch zurückweisen (vgl. North et al., 2004, S. 42).

Lernen soll letztenendes Bedeutung produzieren, insbesondere die eigene Beteiligung in der Welt (vgl. Wenger, 1998, S. 4). Der Aspekt der Bedeutung in der Welt bezieht sich nicht auf metaphysische Bedeutung im Sinne eines gut geführten Lebens. Stattdessen bezeichnet er eine Erfahrung von Bedeutung anstelle von Nutzlosigkeit im erlebten (Arbeits-)Alltag (vgl. Wenger, 1998, S. 52). Das Soziale Lernen beinhaltet zentral die gemeinsame Aushandlung von Bedeutung (vgl. Kahnwald, 2013, S. 73). Dies geschieht durch ein Zusammenspiel von Partizipation (siehe Kapitel 2.1.1) und Reifikation (vgl. Wenger, 1998, S. 55). Im Prozeß der Reifikation kann Praxis zu Artefakten verkörpert werden (vgl. Wenger, 1998, S. 55). Dabei handelt es sich oft, jedoch nicht zwangsläufig, um Dokumentation in Form von Schriftstücken. Diese Transformation in eine explizite Form wird im Kapitel 3.2.1 weiter ausgeführt.

Lernen bedeutet eine ständige Transformation des Selbst und damit eine kontinuierliche Veränderung der Identität (vgl. Höhne, 2003, S. 46). Wengers Soziale Theorie des Lernens zielt auf die Entwicklung einer sozialen Identität aufgrund aktiver Partizipation an einer Praxis einer Gemeinschaft (vgl. Wenger, 1998, S. 4). Solches Lernen ist keine intentionale Handlung, sondern geschieht nebenbei (vgl. Wenger, 1998, S. 8). Das Konzept der Community of Practice ist ein analytisches Hilfsmittel, um das breitere Konzept der Sozialen Lernens zu untersuchen (vgl. Wenger, 1998, S. 5). Der Vorteil dieses Hilfsmittel liegt in Vertrautheit des konkreteren, handfesteren Konzepts (vgl. Wenger, 1998, S. 6). Legitime periphere Partizipation verändert die Identität der Teilnehmern im Zuge der Änderung ihrer Partizipation (vgl. Wenger, 1998, S. 11). Legitim ist die Partizipation insofern, als die Neu-Teilnehmern als künftige Mitglieder der Community of Practice behandelt werden. Nachdem sie den Enkulturationsprozeß durchlaufen haben, nehmen sie voll teil und werden zu Alt-Teilnehmern (vgl. Kahnwald, 2013, S. 78). Dieser Prozeß ist jedoch nicht zwangsläufig (vgl. Kahnwald, 2013, S. 84), so können Neu-Teilnehmer längere Zeit in diesem Status verharren, bevor sie endgültig ausscheiden, ebenso scheiden Alt-Teilnehmer typischerweise irgendwann aus (vgl. Kahnwald, 2013, S. 85).

Die Community of Practice im Unternehmen

Die Theorie der Community of Practice (siehe Kapitel 2.1.1 und Kapitel 2.1.2) speist sich nicht aus einer Betrachtung moderner Industrieunternehmen, sondern leitet sich von klassischen Lehrverhältnissen in verschiedenen, auch nicht industrialisierten und nicht-westlichen Ländern ab. Ebensowenig basiert der Einsatz von Communities of Practice in den Unternehmen auf diesen Theorien, sondern ist durch entsprechende Empfehlungen der praktischen Managementliteratur, insbesondere zum Wissensmanagement, getrieben. Eine direkte Abbildung praktischer Umsetzung auf die Theorie erscheint wenig fruchtvoll. Doch welche Aussagen können über Communities of Practice in Unternehmen getroffen werden und welche Aspekte der Theorie greifen sie dabei auf, wenn auch möglicherweise nicht gezielt?

Die Teilnehmer einer Community of Practice sind einander gleichgestellt (siehe Kapitel 2.1.1) und sie lernen vorwiegend informell (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 111), wobei gezielte organisierte Lerngelegenheiten, beispielsweise in Form von Vorträgen, ebenfalls vorkommen. Die Teilnehmer einer Community of Practice erhalten in der Regel kein explizites Zeitbudget für ihre Teilnahme, sondern müssen die Community of Practice mit ihren gewöhnlichen Arbeitsaufgaben und ihrer verfügbaren Arbeitszeit in Einklang bringen (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 112). Dies stützt die Selbstselektion und die Freiwilligkeit der Teilnehmern, führt jedoch auch zu einem latenten Rechtfertigungsdruck (siehe Kapitel 6.2).

Communities of Practice fügen sich nicht nahtlos in klassisch geführte Unternehmen und ihre althergebrachten Organisationsstrukturen ein (vgl. Wenger & Snyder, 2000, S. 140), sie liegen quer dazu. Communities of Practice müssen jedoch mit traditionellen Organisationsstrukturen koexistieren. Ihr Wesensunterschied führt dabei leicht zu Konflikten und Reibungsverlusten (vgl. Kerno, 2008, S. 74). Flachere Unternehmenshierarchien sind daher oftmals günstiger für die erfolgreiche Einrichtung von Communities of Practice (vgl. Kerno, 2008, S. 76). Es bilden sich im Laufe der Arbeit viele verschiedene informelle Communities of Practice, ohne daß diese bewußt gegründet würden (vgl. Retna & Tee Ng, 2011, S. 47) oder als solche explizit benannt wären (vgl. Wenger, 1998, S. 7). Die reine Zusammenarbeit im industriellen Produktionsprozeß, im Sinne benachbarter Fertigungsschritte, reicht jedoch nicht aus, um eine Community of Practice zu erkennen (vgl. Romhardt, 2002, S. 36). Auch Projektteams sind keine Community of Practice im eigentlichen Sinn (vgl. Lindkvist, 2005, S. 1189), werden zuweilen jedoch ebenfalls unter dem Begriff der Community of Practice geführt (vgl. Lindkvist, 2005, S. 1190), sei es aus Unwissenheit oder aus berechnender Nutzung der positiven Konnotationen. Communities of Practice haben keine direkten Ziele, sondern sind an den Interessen ihrer Teilnehmern orientiert. Die Statusrelationen der Teilnehmern untereinander basieren nicht auf klassischen Organisationshierarchien, sondern sie entstehen durch Anerkenntnis der jeweiligen Expertise und des normierten sozialen Verhaltens in der Gruppe. Sie definieren ihre Arbeitsprozesse und die Art, Ergebnisse festzuhalten, selbst und iterieren auf diesen. Im Gegensatz dazu basieren Teams im klassischen Sinne sowohl in ihrer Zusammensetzung, als auch in ihren Statusrelationen (Teamleiter – Teammitglieder) auf Festsetzungen der Organisation, die auch die Ziele der Teams vorgibt (vgl. Lesser & Storck, 2001, S. 832). Es sind also nicht nur die Teilnehmer einer Community of Practice autonom und selbstbestimmt (siehe Kapitel 4.2.1), sondern die Gruppe im Ganzen ist es ebenfalls.

Die Bedeutung der Praxis mag dabei zuweilen unterschätzt werden (vgl. Brown & Duguid, 2001, S. 203). Die gemeinsame Praxis ist jedoch konstitutiv, setzt aber auch eine längere Dauer der Existenz der Community of Practice voraus, in dem die Teilnehmer sich in ihren Handlungen aufeinander beziehen (vgl. Kahnwald, 2013, S. 71). Indem Communities of Practice ihr geteiltes Repertoire entwickeln, differenzieren sie sich ersichtlich aus (vgl. Gongla & Rizzuto, 2001, S. 845). Obschon Communities of Practice in Unternehmen oftmals durch externen Anstoß gegründet werden (siehe Kapitel 6.2), so entwickeln sie sich danach jedoch durch Selbstorganisation (vgl. Kahnwald, 2013, S. 71).

Neu-Teilnehmer können trotz relativer Unerfahrenheit wichtige Perspektiven einbringen und durch Fragen, die Alt-Teilnehmer nicht stellen würden, zur Innovationsfähigkeit der Gruppe, und damit indirekt auch zur Innovationsfähigkeit des Unternehmens beitragen (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 117; vgl. Lesser & Storck, 2001, S. 832). Die periphere Partizipation ermöglicht Zugang zu Experten (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 37). Respekt und Scheu Experten gegenüber können jedoch dazu führen, daß NeuTeilnehmer besser von etwas fortgeschrittenen Teilnehmern lernen, die jedoch selbst noch nicht zu den Experten zählen (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 92). Die formelle Gleichrangigkeit innerhalb der Community of Practice ist hierbei durch emotionale Barrieren unterminiert. Die gemeinsame Identitätsbildung (siehe Kapitel 2.1.2) erfolgt durch den stetigen Austausch zu aktuellen Problemen, ihrer Lösung und durch gemeinsames Arbeiten an einem Thema (vgl. Enkel et al., 2002, S. 111).

Die Perspektive der Unternehmen

Moderne Gesellschaften verändern sich von Industrie- zu Wissensgesellschaften hin (vgl. Müller, 2015, S. 14). Das Konzept der Wissensgesellschaft ist eine neuere Zeitdiagnose, die gesellschaftliche Veränderungen aufgreift (vgl. Höhne, 2003, S. 9). Die Wissensgesellschaft ist nur eines von vielen zugleich gültigen Schlagworten, um die postmodernen westlichen Gesellschaften zu beschreiben. So sind Begriffe wie Spaß-Gesellschaft, Freizeitgesellschaft oder Nachkriegsgesellschaft ebenso valide (vgl. Lisop, 2004, S. 260), beschreiben jedoch andere Aspekte einer komplexen modernen Gesellschaft. Die Wissensgesellschaft deutet an, daß Angestellte gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt besitzen, wenn sie hinreichend Wissen erworben haben, eine Versprechung, die im allgemeinen jedoch nicht haltbar ist (vgl. Lisop, 2004, S. 261). Wissen ist mittlerweile ein echter Produktionsfaktor geworden (vgl. Müller, 2015, S. 15). Wissensarbeit sind Formen von Arbeit, die ständige Überprüfung und Weiterentwicklung von Wissen, sowie Aufbau neuen Wissens erfordern, wobei der Wissensbestand nicht statisch bleibt, sondern jeweils um das neu erworbene oder geschaffene Wissen ergänzt und mit ihm verknüpft wird (vgl. Müller, 2015, S. 15). In solch einem dynamischen Verständnis von Wissen ist der Wert des Wissens insbesondere auch abhängig von der Bereitschaft und der Fähigkeit der Angestellten, es durch Reflexionsprozesse zu überprüfen und zu bewerten. Neben dieser individuellen Fähigkeit sind jedoch auch geeignete organisationale Randbedingungen notwendig, um diese Reflexionsprozesse tatsächlich stattfinden zu lassen (vgl. Müller, 2015, S. 30).

In modernen Unternehmen generiert gerade die Innovationskraft, die durch Kreativität und Selbstorganisation der Angestellten entsteht, einen wichtigen Teil des Marktwerts (vgl. Erpenbeck, 2001, S. 117). Am konkreten Beispiel des weltweit tätigen Mischkonzerns Siemens mag die Bedeutung der Wissensarbeit deutlich werden: ungefähr die Hälfte der Wertschöpfung erwirtschaftete Siemens bereits Anfang der 90er-Jahre durch wissensintensive Produkte und Dienstleistungen, Anfang der 2000er wurde dieser Anteil bereits auf 60 bis 80 Prozent geschätzt (vgl. Davenport & Probst, 2002b, S. 12). Trotz eines Nachfrageabschwungs im Bereich IT-Produkte erfährt Siemens auch weiter zunehmenden Bedarf an Wissensmanagement (vgl. Davenport & Probst, 2002b, S. 14).

Interessen

Unternehmen sind darauf angewiesen, ihren Wissensaufbau und ihre Weiterbildungsmaßnahmen gezielt zu planen. Denn natürliche Lernprozesse sind langsam, zuweilen in erfolgreichen Strategien der Vergangenheit verhaftet, und fallen oft auch der persönlichen Bequemlichkeit und dem Beharrungswillen der Handelnden zum Opfer (vgl. Sattelberger, 1994, S. 18). Organisierte betriebliche Weiterbildung, in Form von Seminaren oder Schulungen, ist häufig zu langsam, um flexibel auf Herausforderungen in einer dynamischen Umwelt reagieren zu können. Daher verzichtet ein lernendes Unternehmen nicht grundsätzlich auf Schulungen, aber legt den Schwerpunkt dennoch auf die selbstgesteuerte Entwicklung der Angestellten (vgl. Pedler et al., 1994, S. 60; vgl. Reinmann-Rothmeier & Mandl, 1993, S. 235; vgl. Rohs & Schmidt, 2009, S. 8). Die betriebliche Weiterbildung und die Kompetenzentwicklung dienen nicht nur der Weiterbildung der Angestellten, sondern im größeren Rahmen auch der Weiterentwicklung der Organisation (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 26; vgl. Müller, 2015, S. 2).

Als Teil eines aktiven Wissensmanagements orientieren sich Unternehmen häufig an der Lernenden Organisation, in der „Menschen lernen, miteinander zu lernen“ (vgl. Senge, 2011, S. 13). Die Lernfähigkeit der Angestellten ist Grundvoraussetzung für die Lernfähigkeit des Unternehmens (vgl. Müller, 2015, S. 56; vgl. Reinmann-Rothmeier & Mandl, 1993, S. 236), die eine Grundlage des Erfolgs von Unternehmen ist (vgl. Cawrse & Walsh, 2005, S. 23). Das Lernen der Angestellten ist stets sowohl an ihren eigenen Lerninteressen (vgl. Grotlüschen & Krämer, 2009, S. 23; vgl. Krapp, 2000, S. 59) als auch an betrieblichen Lernvorgaben orientiert (vgl. Müller, 2015, S. 57). Lernen ist ein Prozeß, der im Gehirn einzelner Personen stattfindet. Er geschieht jedoch in einen äußeren Kontext eingebettet, in eine Umgebung, die die Lerner beeinflußt und die von ihnen beeinflußt wird (vgl. Geißler, 1994, S. 81–82).

Das Zielbild der Lernenden Organisation ist kein Selbstzweck. Stattdessen versprechen sich Unternehmen davon einen konkreten Wettbewerbsvorteil (vgl. Karg, 2006, S. 25; vgl. Pedler et al., 1994, S. 63). Wettbewerbsvorteile erlangt ein Unternehmen, indem es besser als der Wettbewerb in der Lage ist, Wissen zwischen Organisationseinheiten zu verteilen und Wissen der Organisationseinheiten in ein Zusammenspiel zu bringen (vgl. Brown & Duguid, 2001, S. 207). Diese Fähigkeit ist Kern des betrieblichen Wissensmanagements. Eine Herausforderung des betrieblichen Wissensmanagements besteht stets auch darin, die Motivation der Angestellten zu steigern, ihr Wissen zu teilen. Dazu kann vorteilhaft sein, nicht nur auf die betrieblichen Vorteile, sondern auch den individuellen Nutzen für die Angestellten hervorzuheben (vgl. Enkel et al., 2002, S. 113).

Unternehmen suchen Angestellte mit hoher Ausprägung von Kompetenz, und verlangen von ihnen entsprechende Weiterentwicklung, unter anderem durch selbstgesteuertes Lernen. Wissen, wie man lernt, gilt heutzutage als eine wichtige Kernkompetenz in Berufen der Wissensarbeit, die selbstgesteuertes und selbstorganisiertes Lernen großschreiben (vgl. Nolda, 2023, S. 443; vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 35). Dabei nennen die Führungs- und Organisationsentwicklungsliteratur (vgl. Iansiti, 1993) insbesondere das Zielbild der T‑shaped-Angestellten. Dabei handelt es sich um „Personen mit fachlichem Tiefenwissen sowie mit vielseitigen Kompetenzen in der Breite“ (Mayrberger, 2020, S. 325). Der Buchstabe T symbolisiert bildlich Kompetenzen, die in einem engen Bereich sehr stark ausgeprägt sind, wofür der senkrechte Strich steht (vgl. Wilbers, 2019, S. 22). Angestellte weisen hier eine hohe Spezialisierung auf, die in komplexen Tätigkeitsbereichen unerläßlich ist. Zugleich weisen sie jedoch in einem möglichst breiten Tätigkeitsfeld hinreichende Kompetenz aus, um die Flexibilität des betrieblichen Angestellteneinsatzes zu erhöhen (vgl. Busch, 2009, S. 73), wofür der horizontale kürzere Strich steht (vgl. Wilbers, 2019, S. 22). Unternehmen sind daran insbesondere aufgrund stetig wechselnder Projektprioritäten, Abfederung von Spitzen im Arbeitsanfall (vgl. Busch, 2009, S. 76), krankheits- oder schwangerschaftsbedingter Abwesenheiten (vgl. Statistisches Bundesamt, 2024) interessiert. Zudem wirken vielseitig einsetzbare Angestellte tendentiell lohnkostensenkend, da nicht für jede mittelkomplexe Tätigkeit jeweils spezialisierte, hochbezahlte Fachkräfte eingesetzt werden müssen.

Theoretische Rahmung

Information ist quantitativ und meßbar, sie ist ein Phänomen auf der syntaktischen Ebene einer Kommunikation (vgl. Höhne, 2003, S. 56). Begründet ist dieser Aspekt vorrangig in Shannons Informationstheorie (vgl. Shannon, 1948). Verarbeitet, in Kontext gestellt und durch weitere Informationen angereichert kann aus Information Wissen werden. Der Begriff des Wissens bezeichnet zwei verschiedene Dimensionen: er bündelt einerseits Informationen als Informationswissen, andererseits überführt er als Prozeß betrachtet in sozialem Handeln erworbene Prozeduren in Handlungswissen (vgl. Heiss, 2009, S. 78).

Wissen kann im Gegensatz zu Information nicht als solches erfaßt und in Datenverarbeitungssystemen gespeichert werden, auch wenn Begriffe wie Wissensdatenbanken etwas anderes suggerieren. Ein rein technologieorientiertes, insbesondere toolzentriertes Wissensmanagement verspricht keine Erfolge, da Wissen nicht unabhängig von Menschen ist (vgl. Romhardt, 2002, S. 6). Technische Lösungen, speziell mittels Computern, können Menschen unterstützen, jedoch kein eigenes Wissen tragen (vgl. Romhardt, 2002, S. 6). Die sozialen Prozesse in der Generierung, Vermittlung und dem Erlernen von Wissen müssen beachtet werden. Ebensowenig reicht aus, ein Kompetenzverzeichnis von Experten zu führen, um deren Wissen auf diese Art greifbar zu machen. Denn auch das Wissen von Experten lebt im Austausch untereinander (vgl. North et al., 2004, S. 16–17). Unternehmensweite Wissensbestände, beispielsweise in Form von Wissensdatenbanken, sind der Organisation zugeordnet, sie sind jedoch eine Form trägen Wissens, sofern nicht eine Verknüpfung mit individuellen Wissensbeständen der Angestellten erfolgt. Dieses Zusammenspiel ist ein Scharnier zwischen dem Wissen der Angestellten und dem Wissen der Organisation (vgl. Müller, 2015, S. 35). Durch Kombination verschiedener einzelner Wissensbeständen der Organisation können neue Wissensbestände geschaffen werden. Diese Fähigkeit, eine Form von Kompetenz (siehe Kapitel 3.2.2), schlägt die Brücke zum betrieblichen Wissensmanagement (vgl. Wilkens et al., 2006, S. 132).

Implizites Wissen

Der Begriff tacit knowledge, zu Deutsch stilles oder stillschweigendes Wissen, wurde von Polanyi geprägt, und bezeichnet dort Wissen, das Personen besitzen, aber anderen nicht mitteilen können (vgl. Polanyi & Sen, 2009, S. 4). Stilles Wissen bezieht sich bei Polanyi stets auf zwei Gegenstände, die die Person unbewußt in Beziehung setzt. Polanyi nutzt dazu insbesondere das Beispiel von Elektroschockexperimenten, bei denen das Testsubjekt bereits infolge eines wahrgenommenen Sinnesreizes das zweite Ereignis – den Elektroschock und den damit verbundenen Schmerz – antizipiert und reagiert. Dabei bleibt das erste Ereignis implizit, nur durch Beachtung des zweiten Reizes und der unbewußten Verknüpfung mit dem zweiten Reiz, übt es seine Funktion aus (vgl. Polanyi & Sen, 2009, S. 9–10). Diesem sehr engen Bild impliziten Wissens, in dem Beachtung von einem Gegenstand zu einem anderen wandert (vgl. Polanyi & Sen, 2009, S. 10), wird in der späteren Literatur in der Regel nicht mehr gefolgt, stattdessen finden breitere Definitionen Anwendung. Im Kontext des Wissensmanagements in Unternehmen ist stilles Wissen ein Wissen, das nur schwer zu formalisieren und zu kommunizieren ist (vgl. Takeuchi & Nonaka, 1995, S. 59). Die Unmöglichkeit der Übermittlung an andere Personen ist hier bewußt aufgegeben, um in der sogenannten Wissensspirale (vgl. Takeuchi & Nonaka, 1995, S. 70–72) die Explizierung stillen Wissens erklären zu können. Dabei findet in einem Schritt der Sozialisation die Umwandlung von stillem Wissen einer Person in stilles Wissen einer oder mehrerer anderer Personen statt. Dazu ist keine sprachliche Erklärung notwendig, es kann eine gemeinsame Praxis ausreichen (vgl. Takeuchi & Nonaka, 1995, S. 62–64). Im zweiten Schritt, der Externalisierung, wird das stille Wissen insbesondere in Form von Analogien, Metaphern oder mentalen Modellen (siehe Kapitel 5) ausgedrückt und in der Regel in sprachlicher Form niedergeschrieben. So können Lernerfahrungen nicht nur durch Niederschrift, sondern auch durch Ausprägung in Strategien und Strukturen explizit gemacht und damit für andere Personen zugreifbar werden, auch ohne persönliche Anwesenheit derjenigen Personen, die diese Lernerfahrungen selbst gemacht haben (vgl. Sattelberger, 1994, S. 15). Dieser Ausdruck ist jedoch in der Regel verlustbehaftet, es existieren Ungenauigkeiten, Lücken oder Diskrepanzen zum ursprünglich vorhandenen stillen Wissen (vgl. Takeuchi & Nonaka, 1995, S. 64–67). Der Prozeß der Externalisierung ist dabei derjenige der wengerschen Reifikation, siehe Kapitel 2.1.2. Die Kombination als dritter Schritt systematisiert diese niedergeschriebenen Wissensbestände, indem sie sie neu anordnet, und dadurch eine Form expliziten Wissens in eine neue Form expliziten Wissens umwandelt (vgl. Takeuchi & Nonaka, 1995, S. 67). Durch Sozialisierung und Erfahrung durch praktisches Handeln wird dieses explizite Wissen im vierten Schritt, der Internalisierung, nun wieder in stilles Wissen umgewandelt, indem einzelne Personen dieses vormals explizite Wissen durch Erfahrungslernen in ihre eigene Handlungspraxis und ihre mentalen Modelle aufnehmen (vgl. Takeuchi & Nonaka, 1995, S. 69). Diese vier Schritte können dann jeweils wiederholt werden, um zum Bild der Spirale zu gelangen.

Das Konzept des stillen Wissens wird in neuerer Literatur zumeist mittels des Begriffs des impliziten Wissens aufgegriffen und inhaltlich ausgeweitet. Das Wort „still“ bezeichnet eine Sprachhandlung, wohingegen Polanyis Definition sich nicht auf unausgesprochenes Wissen bezieht, gegebenenfalls auch nur kontingent unausgesprochen, sondern gezielt nur auf Wissen, das nicht ausgesprochen oder mitgeteilt werden kann, im Sinne einer Unmöglichkeit. Implizites Wissen ist also das Gegenstück zu explizitem Wissen, d.h. in Artefakten kodiertem und übermittelbarem Wissen (vgl. Collins, 2012, S. 80). Als Gegenstück zur polanyischen Definition des stillen Wissens ist hingegen der Begriff „erklärbar“ (englisch: „explicable“) geeignet (vgl. Collins, 2012, S. 4). Implizites Wissen ist also Wissen, das nicht explizit (gemacht) ist (vgl. Collins, 2012, S. 1). Diese Sicht versteht implizites Wissen nicht als eine natürliche Kategorie, sondern lediglich als Kategorie eines menschlichen Unterlassens. Explizites Wissen kann in Artefakten dargestellt werden, implizites Wissen ist an Personen gebunden und kann nur teilweise und unter großer Mühe explizit gemacht (vgl. Erpenbeck, 2001, S. 113) oder an andere Personen übermittelt werden (vgl. Müller, 2015, S. 42). Dieses implizite Wissen tritt in drei Arten auf, die unterschiedliche Qualität aufweisen und unterschiedlich schwierig zu explizieren sind. Zunächst ist dies das relationale implizite Wissen, das am einfachsten zu explizieren ist. Für die Implizitheit dieses Wissens gibt es keine tieferen Gründe, sondern nur soziale Gegebenheiten oder Umstände, z.B. daß Wissen örtlich in Personen und Dingen situiert ist (vgl. Collins, 2012, S. 84). Es handelt sich hier um eine sehr schwache Form der Unmöglichkeit der Wissensübermittlung. Es existieren keine tieferen Gründe, warum die Personen nicht miteinander sprechen, um das Wissen zu übermitteln, sie tun es nur einfach nicht (vgl. Collins, 2012, S. 91). Es kann sich um bewußt verborgenes Wissen bis hin zu Geheimnissen handeln, das dennoch durch engen Kontakt mit Wissensträgern erworben werden kann (vgl. Collins, 2012, S. 91–92), es kann sich um verborgenes Wissen handeln, das niemand absichtlich zurückhält, beispielsweise wenn angenommen wird, die andere Person besitze dieses Wissen bereits und das Wissen nie aus einer Situation heraus zur Sprache kommt (vgl. Collins, 2012, S. 95), oder es kann sich um Wissen handeln, deren Träger sich überhaupt nicht bewußt ist, das Wissen zu besitzen. Dies kann leicht geschehen, wenn der Wissensträger etwas zufällig für sich selbst entdeckt hat, ohne daß dies mit einem bewußten „Aha-Erlebnis“ verbunden wäre (vgl. Collins, 2012, S. 95–96). Das relationale implizite Wissen kann expliziert werden, da solche Gründe für das Implizit-Sein kontingent sind und geändert werden können. Jedoch ist nicht realistisch, alles relationale implizite Wissen zu explizieren, da gezielte Anstrengungen erforderlich sind, um einzelne implizite Wissensbestände zu explizieren (vgl. Collins, 2012, S. 98). Als weitere Form impliziten Wissens existiert neben der somatischen Form, die auf körperliche Eigenheiten rekurriert, auf Wissensarbeit kaum je anwendbar ist und daher in dieser Abschlußarbeit ausgeklammert wird, noch das kollektive implizite Wissen, das nur in einer Gemeinschaft oder Gesellschaft erworben werden kann (vgl. Collins, 2012, S. 11). Dieses implizite Wissen ist nicht in einzelnen Personen lokalisiert, sondern in Systemen von Personen, also Gemeinschaften oder der Gesellschaft. In dieser Sichtweise existieren Verbindungen nicht nur innerhalb eines Gehirns, verwirklicht durch Neuronen und ihre Synapsen, sondern existieren auch über Personengrenzen hinweg (vgl. Collins, 2012, S. 132). Diese hohe Komplexität und die damit verbundene Undurchsichtigkeit verhindert auch, daß solches implizite Wissen in allen Fällen expliziert werden kann, auch wenn dies in Einzelfällen durchaus möglich ist (vgl. Collins, 2012, S. 138). Diese Explikation geschieht durch Immersion in einer Gemeinschaft, wobei Sprache und Praxis dieser Gruppe zentral sind (vgl. Collins, 2012, S. 135).

Kompetenz

Der Kompetenzbegriff (vgl. Gnahs, 2010; vgl. Kaufhold, 2006) wird ob seiner inflationär scheinenden Verwendung vielfach kritisiert (vgl. Erpenbeck, 1996, S. 9). So spottet Walter Volpert gar über eine hypothetische „Suppe-Ess-Kompetenz“ (zitiert nach Faulstich, 2013, S. 1). Dennoch hat sich der Begriff etabliert. Denn die vormalige, nachfrageorientierte Sicht auf die Angestellten, bei der arbeitsbezogene Fähigkeiten im Vordergrund stehen – Qualifikationen (vgl. Kaufhold, 2006, S. 51) und Schlüsselqualifikationen (vgl. Mertens, 1974) – wird bildungswissenschaftlich mittlerweile abgelehnt. Menschen als Subjekte sollen im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen (vgl. Gillen, 2006, S. 99; vgl. Romhardt, 2002, S. 6). Diese Betrachtung soll ganzheitlich erfolgen, also auch Persönlichkeitsmerkmale umfassen, die sich in der Art des Handelns zeigen (vgl. Arnold & Schüssler, 2001, S. 55). Ferner wird ein stärkerer Handlungsbezug gefordert (vgl. Kaufhold, 2006, S. 51–53), der in der Einleitung bereits im Kontext trägen Wissens und der Notwendigkeit, zu aktiven Handlungen zu gelangen, andiskutiert wurde. Trotz einer breiten und uneinheitlichen Definitionsspanne in der Literatur (für eine Kurzübersicht: vgl. Arnold & Schüssler, 2001, S. 66), wird in dieser Abschlußarbeit der gängigen Annahme gefolgt, daß es sich bei Kompetenzen um Dispositionen zur Selbstorganisation handelt (vgl. Erpenbeck, 2001, S. 103), da diese Definition an die gewählten Theorien insoweit anschlußfähig ist, als es sich bei Dispositionen um Aspekte der Identität handelt, und Selbstorganisation im Rahmen der Community of Practice ein zentrales Thema ist.

Kompetenzen werden in der Literatur gemeinhin in vier Komplexe unterteilt: Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und Personalkompetenz (vgl. Gnahs, 2010, S. 26; vgl. Kaufhold, 2006, S. 96).

Fachkompetenzen grenzen sich am stärksten von den übrigen Kompetenzarten ab, da es sich um Kompetenzen handelt, die im wesentlichen auf eine (ggf. Berufs-)Tätigkeit zugeschnitten sind und diese Tätigkeiten ermöglichen (vgl. Gnahs, 2010, S. 27). Dazu gehören Fachwissen ebenso wie Sprachkenntnisse oder fachmathematische Kenntnisse (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 158). Häufig handelt es sich dabei um Wissen, auch Handlungs- und Erfahrungswissen. Dies können beispielsweise Kenntnisse einer Programmiersprache sein (Faktenwissen), oder auch die Fähigkeit, schnell und fehlerfrei zu löten. Hingegen handelt es sich bei den drei anderen Kompetenzarten um die „übewrfachlichen Kompetenzen“ (sic!) (Gnahs, 2010, S. 27), die in ganz verschiedenen Tätigkeitsfeldern nutzbringend sein können.

Methodenkompetenzen bezeichnen die Fähigkeit, durch gezieltes und strukturiertes Vorgehen zu einer Problemlösung oder Entscheidung zu gelangen (vgl. Kaufhold, 2006, S. 164). Es kann sich dabei sowohl um fachspezifische Methoden wie beispielsweise Kreditberechnungsmethoden im Finanzwesen als auch um fachübergreifende Methoden zur Moderation oder Konfliktbewältigung (vgl. Gnahs, 2010, S. 27), zur Kreativität oder um Abstraktionsfähigkeiten sowie die Fähigkeit, Entscheidungen zu fällen (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 158) handeln.

Sozialkompetenzen beziehen sich auf individuelle Fähigkeiten, um die Zusammenarbeit in der Gruppe zu erleichtern (vgl. Wilkens et al., 2006, S. 132). Es kann sich im Negativen um „wertende Äußerungen gegenüber Personen und ihren Handlungen“ (Kaufhold, 2006, S. 164), aber auch im Positiven um die eigene Konfliktfähigkeit handeln. Dies umfaßt nicht nur, sich auf unterschiedliche Persönlichkeitstypen einzustellen, sondern auch aktive Arbeit, ein gutes Arbeitsklima herzustellen und Konflikte zu versachlichen (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 158). Ebenso fallen unter Methodenkompetenzen die Fähigkeit, Wissen zu vermitteln, kommunikative Fähigkeiten, aber auch die Fähigkeit, Menschen einzuschätzen (vgl. Höhne, 2003, S. 75).

Personalkompetenz bezeichnet die Fähigkeit, sich selbst zu organisieren (vgl. Gnahs, 2010, S. 27). Darunter fallen unter anderem die Führung persönlicher Kalender und Aufzeichnungen wie auch das Zeitmanagement, jedoch auch die persönliche Reflexion (vgl. North et al., 2018, S. 63; vgl. Wilbers, 2019, S. 22), siehe Kapitel 3.2.3., oder die Fähigkeit, Ziele zu verwirklichen und zu diesem Zweck eine realistische Selbsteinschätzung zu besitzen und sich darauf aufbauend weiterzuentwickeln (vgl. Karg, 2006, S. 65). Ein Beispiel kann die gezielte Teilnahme an Rhetorikseminaren sein, da ein eigenes Defizit in der Überzeugungskraft erkannt wurde (vgl. Karg, 2006, S. 66). Aber auch das Erlernen eines besseren Umgangs mit Streß und hohen Arbeitsanforderungen kann ein Beispiel für Personalkompetenz sein (vgl. Karg, 2006, S. 69). Zur Personalkompetenz gehört auch die Reflexionskompetenz (vgl. Wilbers, 2019, S. 22), siehe Kapitel 3.2.3.

Die Fachkompetenz muß dabei ihr früheres Primat abgeben. Denn insbesondere Fachwissen ist in innovativen, ggf. technischen Bereichen stets in Gefahr zu veralten. Daher gewinnen Kompetenzen an Bedeutung, die ein kontinuierliches Lernen aktuellen Wissens fördern (vgl. Karg, 2006, S. 45). Während die Bedeutung der Fachkompetenz schwindet, aber nicht vollständig verloren geht, so gewinnt insbesondere die Sozialkompetenz als Voraussetzung für kooperative Arbeits- und Lernprozesse enorm an Bedeutung (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 90). Schließlich sind insbesondere selbstregulative Kompetenzen und selbstreflexive Vorgänge wichtig für die kontinuierliche Verbesserung (vgl. Karg, 2006, S. 54).

Jedoch besteht häufig eine Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln (Franke, 2001). Kompetenzen sollen den Angestellten ermöglichen, ihre Arbeitsaufgaben tatsächlich zu bewältigen, nicht nur hypothetisch. Daher ist Kompetenz untrennbar mit Handeln verknüpft (vgl. Kaufhold, 2006, S. 49). Zum grundsätzlichen „Können“ muß auch das „Wollen“ hinzukommen, damit eine konkrete Handlung entsteht (Gillen, 2006, S. 76). Dies ist eine motivationale Komponente, die mittels Motivationstheorien untersucht und erklärt werden können. Als eine unter verschiedenen existierenden Motivationstheorien (vgl. Schlag, 2013) kann die Selbstbestimmungstheorie (vgl. Krapp & Hascher, 2013, S. 258 ff.) angewendet werden, siehe Kapitel 4.2.1.

Reflexion

Reflexives Handeln ist ein Ziel beruflicher Handlungskompetenz (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 44). Es umfaßt strukturelle Reflexivität, also das Reflektieren des Arbeitsumfelds wie zum Beispiel Organisationsstrukturen, und Selbstreflexivität (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 45; vgl. Gruber, 2021, S. 110). Ohne Selbstreflexivität ist es nicht möglich, Lernprozesse zu analysieren und ihre Erfolgsaussichten zu bewerten. Daher ist die Selbstreflexivität ein wichtiger Bestandteil betrieblicher Weiterbildung und beruflichen Handelns (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 46). Individuelle Selbstreflexion kann sich auch mit der eigenen Kompetenzentwicklung auseinandersetzen und dient der Selbststeuerung (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 63). Insbesondere kann die Frage gestellt werden, „ob die zur Anwendung kommenden Handlungsroutinen noch angemessen sind“ (Wilkens et al., 2006, S. 131). Dabei können reflection-in-action, bei der der Handelnde während der Durchführung der Handlung in der Gegenwart reflektiert, um gegebenenfalls Modifikationen vorzunehmen, und reflection-on-action, bei der der Handelnde seine Handlung unterbricht, um durch Verbalisierung des relevanten Wissensbestandes eine Handlung retrospektiv zu bewerten, unterschieden werden (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 85). Selbstreflexion resultiert in neuer Information, die in die eigenen kognitiven Strukturen eingebettet werden kann (vgl. von Wright, 1992, S. 61) und dadurch selbst wiederum der Reflexion zugänglich ist. Diese Metaebene der Reflexion ist ein Beispiel für Reifikation (siehe Kapitel 2.1.2) da ein impliziter Wissensbestand durch Reflexion expliziert und einfacher zugreifbar gemacht wird.

Reflexion in der Arbeit kann stattfinden, indem die Angestellten ein Schritt zurück machen und sich bewußt und gezielt außerhalb der alltäglichen Arbeitsprozesse stellen (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 76). Im Bereich der agilen Projektmanagementmethoden werden dazu beispielsweise regelmäßige Statusmeetings sowie in etwas größeren Abständen explizite Retrospektiven (siehe auch Kapitel 3.3) veranstaltet. In digitalen Arbeitsprozessen und ihren mannigfaltigen Onlineräumen gibt es weniger sinnlich wahrnehmbare Reize gegenüber herkömmlicher Fertigungs- oder Bürotätigkeiten, so daß reflexive Lernprozesse zunehmen (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 77).

Individuelle Selbstreflexion besteht aus zwei Vorgängen: in der Selbstbeurteilung bewerten die Angestellten ihren Ist-Stand. In der Selbstreaktion erleben sie durch den Abgleich des Ist-Stands mit ihrem gewünschten Soll-Stand innere emotionale und kognitive Vorgänge, die das weitere Vorgehen beeinflussen (vgl. Karg, 2006, S. 51). Selbstreflexion behandelt die eigenen Absichten und Motivlagen als Objekte, über die nachgedacht werden kann. Dadurch eröffnen sich neue Denkräume über das Selbst (vgl. von Wright, 1992, S. 61). Insofern vermag sie die scharfe Trennung zwischen intern und extern, zwischen Subjekt und Objekt zu verwischen (vgl. Höhne, 2003, S. 85). In der Reflexion überprüfen die Teilnehmern ihr Handeln unter Berücksichtigung der jeweiligen Handlungssituation (vgl. North et al., 2018, S. 80), auch im Umgang mit anderen Personen (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 254).

Reflexion fördert insbesondere das Lernen als Reaktion auf Veränderungen im Arbeitsumfeld (vgl. Hetzner et al., 2012, S. 539) oder auch auf gemachte Fehler (vgl. Hetzner et al., 2012, S. 540). Obwohl Fehler nicht wünschenswert sind , so bieten sie auch eine Gelegenheit, eigene wie gruppenbezogene Werte zu reflektieren (vgl. Gruber, 2021, S. 112). Aus Fehlern lernen soll nicht nur zu einer Nicht-Wiederholung des gemachten Fehlers, sondern auch zu einer Vermeidung ähnlich gelagerter Fehler führen (vgl. Hetzner et al., 2011, S. 28). Gemachte Fehler können als Lernanlaß dienen. Eine im Unternehmen gelebte Fehlerkultur trägt auch zur Innovationskraft bei (vgl. Hetzner et al., 2011, S. 26). Voraussetzung für ein solches Lernen aus Fehlern sind die Akzeptanz der Fehler als positive Lerngelegenheit sowie die bewußt vorgenommene Reflexion anhand dieser gemachten Fehler. Die Reflexion kann als individueller kognitiver Vorgang vonstatten gehen, aber auch den jeweiligen sozialen Kontext und die kommunikative Zusammenarbeit mit anderen Angestellten nutzen (vgl. Hetzner et al., 2011, S. 27). Für letzteres spricht, daß ein soziales Verhalten nur anhand der sozialen Erwartungen des Umfelds als Fehler oder als Nullereignis bewertet werden kann (vgl. Hetzner et al., 2011, S. 28). Daraus folgt die Ausweitung der individuellen Reflexion zur kollektiven Reflexion, analog zur Ausweitung der individuellen zur kollektiven Kompetenz.

Kollektive Kompetenzen und Kollektive Reflexion

Moderne Produktentwicklungen weisen sowohl eine intrinsische Komplexität als auch einen Entwicklungsaufwand auf, der von einzelnen Angestellten nicht alleine geleistet werden kann. Daher ist Gruppen- bzw. Teamarbeit vorherrschend. Im umgangssprachlichen Gebrauch werden die beiden Begriffe kaum voneinander abgegrenzt (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 29). Dem schließt sich diese Abschlußarbeit – entgegen unterscheidender Definitionen der Literatur (vgl. Reinmann-Rothmeier & Mandl, 1993, S. 246) – sprachlich an, da diese Unterscheidung vorliegend keine besondere Rolle spielt. Reflexion kann im Team genutzt werden, um strukturierte Rückmeldungen zu erlangen, „die sich positiv auf das Denken und Handeln der Gruppe auswirkt und dadurch den Teamerfolg erhöht“ (Weixelbaum, 2016, S. 95). Durch kollektive Kompetenzentwicklung im Wege kollektiven Lernens wird neues Wissen geschaffen, das keine einzelne Person hätten schaffen können, da ihm eine Verknüpfung der individuellen Wissensbestände mehrerer Personen zugrundeliegt (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 68). Dabei können nicht nur organisatorisch verankerte Teams kollektive Kompetenz aufweisen, sondern auch informell bestehende Gruppen (vgl. Wilkens et al., 2006, S. 127).

Reflexives Lernen nutzt Reflexivität, um Handlungen im Lernen zu bewerten und zu steuern (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 75). Das Konzept kann zu kollektiver Reflexion auf Gruppen- und Organisationsebene erweitert werden (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 76). Reflexion stellt jedenfalls sowohl auf Ebene der einzelnen Angestellten als auch ganzer Teams einen positiv korrelierten, direkten oder meist indirekten Einfluß auf die Leistung dar, wie Weixelbaum anhand umfangreicher Zusammenstellung empirischer Studien darlegt (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 126-128, Tabellen 3-5). Ein Anzeichen für Teamreflexivität sind Rückschauen wie Ergebnis-Reviews, in denen das Team die Wirksamkeit der eigenen Arbeit anhand eines konkreten Ergebnisses überprüft (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 59). Durch Verbalisierung der durch individuelle Reflexion erlangten Erkenntnisse können andere Teilnehmer diese in ihre jeweiligen Gedanken aufnehmen und ihre individuellen Reflexionsergebnisse gegebenenfalls anpassen. Diese Prozeß führt idealerweise zu einem gemeinsamen Verständnis der vergangenen und gegenwärtigen Situation sowie der erforderlichen Handlungen in der Zukunft (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 80). Auch Problemlösungen werden in Gruppen leichter gefunden, wenn die Gruppe eine gemeinsame Sicht auf das Problem besitzt. Diese gemeinsame Sicht wird durch kollektive Reflexion innerhalb der Gruppe gefördert (vgl. Beutel-Wedewardt, 1994, S. 258). Dabei schließt die gemeinsame Sicht unterschiedliche Meinungen, Ideen und Strategien der einzelnen Teilnehmern nicht aus.

Die Community of Practice aus Unternehmensperspektive

Lernen durch Arbeiten in einer Community of Practice ist aus Unternehmenssicht besonders interessant, weil diese Lernform einerseits praxisnah an den Herausforderungen der konkreten Arbeitssituation orientiert ist, andererseits aber zu keinen zertifizierten Kompetenznachweisen führt (vgl. Cedefop, 2014, S. 16), die den Marktwert der Angestellten erhöhen (vgl. Gnahs, 2010, S. 66) und einen Wechsel zu einem anderen Unternehmen erleichtern (vgl. Heid, 2004, S. 135; vgl. Stegemann, 2008, S. 67). Communities of Practice betonen die selbstgesteuerte Weiterbildung (vgl. Rohs, 2020, S. 449; vgl. Stegemann, 2008, S. 17) und beziehen informelle Lernprozesse ein, insbesondere sofern sie en passant (vgl. Dohmen, 2001, S. 19) während der Arbeitsvollzüge stattfinden. Informelles Lernen findet in einen anderen Primärprozeß, nämlich die Arbeit, eingebettet statt und weist empirisch eine starke Wirkung auf die berufliche Handlungskompetenz auf (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 55). Wenn es zudem unbewußt (vgl. Stegemann, 2008, S. 14) stattfindet, dann handelt es sich um implizites Lernen (vgl. North et al., 2018, S. 46). Durch die Community of Practice kann implizites Lernen am Arbeitsplatz sichtbar gemacht werden, wodurch die Wahrnehmung seiner Bedeutung erhöht wird (vgl. Heid, 2004, S. 134). Beim informellen Lernen stehen Lösungen, Anwendung und Reflexion im Vordergrund, das eigentliche Lernen ist den Angestellten eher nachrangig, oder oft auch unbewußt (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 57). Es kann daher auch als Erfahrungslernen verstanden werden. Das Erfahrungslernen umfaßt neben dem impliziten Lernen auch insbesondere die Reflexion (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 61), siehe Kapitel 3.2.3. Gerade in digitalen Arbeitsprozessen wächst die Bedeutung des Erfahrungswissen in der Arbeit (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 62). Als Ergebnis von Lernprozessen steht ein Kompetenzaufbau der Angestellten (vgl. Bjørnåvold, 2001, S. 28). Dieser Kompetenzaufbau erfolgt durch den kontinuierlichen Kontakt mit Angestellten, die an ähnlichen Themen arbeiten (wofür die gemeinsame Domäne der Community of Practice sorgt), jedoch andere Stärken und Spezialisierungen besitzen, auch in deren Expertisebereichen. Da dieses Abfärben von Fähigkeiten und Kompetenzen jedoch weniger effizient und rasch vonstatten geht als der eigene fachspezifische Kompetenzaufbau, führt die Community of Practice tendentiell zu einem T-förmigen Ausbau der eigenen Kompetenz (siehe Kapitel 3.1): tief im eigenen Fachbereich, flach und breit in den Fachbereichen der anderen Teilnehmern.

Reflexion ist ein wichtiger Aspekt für die Verknüpfung von der Kompetenzentwicklung der Angestellten als Individuen mit der Weiterentwicklung der Organisation als Kollektiv (vgl. Müller, 2015, S. 4). Reflexion kann zur Organisationsentwicklung beitragen, indem Angestellte nicht nur ihr eigenes Handeln reflektieren, sondern auch die strukturellen Rahmenbedingungen in ihrem Arbeitsumfeld (vgl. Müller, 2015, S. 38). Beispielsweise könnten ständige Computerprobleme, die die Arbeit verzögern, schließlich zu Änderungen der Abläufe am IT-Helpdesk des Unternehmens führen. Communities of Practice fördern solch relationale Sichten auf die innerbetriebliche Arbeitsorganisation statt auf rein hierarchisch strukturierte Arbeitsgruppen (vgl. Brown and Duguid, 1991). Strukturelle Reflexion des Arbeitsumfelds spielt insbesondere deshalb eine bedeutende Rolle, weil „mittlerweile organisatorische Tätigkeiten wie Prozessplanung, Informationsübermittlung und Kontrolle gegenüber der inhaltlichen Konstruktionsarbeit überwiegen“ (Weixelbaum, 2016, S. 29). Aus Sicht der Organisationsentwicklung besitzt Lernen verschiedene Ausprägungen auf unterschiedlichen Hierarchieebenen: einzelne Angestellte beteiligen sich an der Praxis einer Gruppe, Gruppen verändern ihre Praxis in Hinblick auf neue Erkenntnisse und Organisationen fördern den Wissensaustausch zwischen Gruppen, verwalten dadurch das gewonnene Wissen und finden Wege, es zu nutzen (vgl. Wenger, 1998, S. 7–8). Dies ist der Kern betrieblichen Wissensmanagements (siehe Kapitel 3.1). „Reflexionsförderliche Arbeitsstrukturen und -prozesse können die individuelle Reflexion der Beschäftigten fördern [...]“ (Müller, 2015, S. 4), und daher kann die Community of Practice als eine solche Arbeitsstruktur aus Unternehmenssicht ein wertvoller Ansatz zur Arbeitsorganisation sein. Als Gruppe von Gleichrangigen (vgl. Dehnbostel, 2022, S. 111) ermöglicht sie besser als hierarchisch strukturierte Gemeinschaften, die Äußerung einer Fremdwahrnehmung zuzulassen und aufzunehmen (vgl. Romhardt, 2002, S. 72). Dies ist eine wesentliche Voraussetzung zur Selbst- und Teamreflexion, siehe Kapitel 3.2.3 und 3.2.4. Aufgrund der Gelegenheit, kontinuierlich von anderen Teilnehmern reflektiert zu werden (vgl. Gruber, 2021, S. 113), können anschließende Prozesse der kommunikativen Validierung stattfinden, um zu einer gemeinsamen Bewertung zu gelangen, da die Fremdwahrnehmung nicht korrekt sein muß. Diese Fremdwahrnehmung wird aufgrund der Eigenschaft als sozialer Gruppe längeren zeitlichen Fortbestands, der gemeinsam entwickelten Identität sowie aufgrund der hierarchiefreien Zusammenarbeit im allgemeinen auch wertschätzend geäußert werden, wodurch die Annahme und Reflexion dieser Fremdwahrnehmung erleichtert wird. Die Gruppe übt im Rahmen der kontinuierlichen Teamreflexion auch ihre Reflexionsfähigkeit und baut Reflexionskompetenz auf. Diese ständige Übung zur kollektiven Reflexion ist nichts anderes als ein Teilbereich der Praxis in einer Community of Practice (vgl. Senge, 2011, S. 259).

Eine solche reflexive Zusammenarbeit funktioniert nur, wenn die beteiligten Personen von einer gemeinsamen Beschreibung der Wirklichkeit ausgehen. Diese wird in der Gruppe sozial konstruiert und dient als Grundlage, um Probleme zu beschreiben und Lösungsansätze oder neue Ideen zu erarbeiten (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 180). Durch Vorliegen eines „gemeinsamen Problembewusstseins“ und „Teamgeists“ (Müller, 2015, S. 144) wird die kollektive Reflexion der Gruppe gestärkt. Die Community of Practice setzt das gemeinsame Problembewußtsein im Grunde durch die gemeinsame Domäne jedoch bereits voraus. Der Teamgeist kann im Zuge der Identitätsausbildung der Gruppe wachsen (siehe Kapitel 5).

Die beste Teamreflexion führt jedoch zu keinem Erfolg, wenn ihre Ergebnisse nicht ernstgenommen und umgesetzt werden. Wenn Verbesserungsvorhaben unkonkret formuliert werden, keine expliziten Verantwortlichkeit benannt werden oder die Kontrolle über die Umsetzung fehlt, dann läuft die Teamreflexion Gefahr, im Sande zu verlaufen (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 174). Antizipierte Sinnlosigkeit durch mangelnde wahrgenommene Selbstwirksamkeit (siehe Kapitel 4.2.1) ist wiederum eine erhebliche Schwelle, der Teamreflexion überhaupt Raum zu verschaffen und sich als einzelne Person auf solch eine Teamreflexion einzulassen (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 175). Im Ergebnis stimmen Teilnehmer zwar oftmals grundsätzlich der Sinnhaftigkeit einer Teamreflexion zu, wenden reflektive Prozesse jedoch selten konkret an. Häufig überwiegt die emotionale Wertung vergangener Ereignisse, während die analytische Aufarbeitung unter den Tisch fällt (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 176). Retrospektiven sind formalisierte Gelegenheiten zur Reflexion, um in der Gruppe aus Erfahrungen zu lernen. Sie beschränken sich nicht auf Fehler, sondern betrachten auch Erfolge. Dabei besteht aufgrund höherer Priorität anderer Tätigkeiten sowie mangelnder Zeit oder Willens der Beteiligten stets die Gefahr, solche Reflexionsprozesse auszulassen (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 162).

Auch wenn Wissenserwerb das offensichtliche Ziel des Lernens ist, so werden die Lernenden insbesondere auch Teil der Gemeinschaft (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 111), was im Unternehmen zugleich das Betriebsklima verbessert. Ziel des Situierten Lernens ist nicht, die Praxis zu erlernen, sondern zu Praktikern zu werden (vgl. Brown & Duguid, 1991, S. 48). Hier spiegelt sich die Handlungsorientierung der Kompetenz wider (siehe Kapitel 3.2.2). Wenn Angestellte jedoch durch solche aktive Partizipation an einer Gruppenpraxis zu den Zielen eines Unternehmens beitragen, dann handelt es sich um implizites Wissen, das bestenfalls in äußerlich wahrnehmbaren Details verschriftlicht werden kann (vgl. Wenger, 1998, S. 10). Denn die Praxis umfaßt nicht nur explizites Wissen, sondern auch implizites Wissen (vgl. Wenger, 1998, S. 47). Reflexion ist insofern eine Schnittstelle zwischen beiden Wissensformen, als sie zur Explizierung impliziten Wissens beitragen kann, indem Erfahrungen und theoretische Kenntnisse genutzt werden, um sich das eigene implizite Wissen bewußt zu machen (vgl. Müller, 2015, S. 43). Dieses implizite Wissen kann relational oder kollektiv sein (siehe Kapitel 3.2.1), der Prozeß unterscheidet sich lediglich in der Beteiligung einer einzelnen Person oder der gesamten Gruppe. Eine häufig anzutreffende Ausprägung impliziten Wissens ist gruppenspezifischer Jargon, der sich kontingent in einer Gruppe ausgebildet hat. Im Gegensatz dazu ist Fachjargon allen vergleichbar ausgebildeten oder in vergleichbaren Gebieten Tätigen bekannt. Solch eine gemeinsame Sprache im Sinne von Fachjargon oder gruppenspezifischer Ausdrucksweisen ist ein Beispiel für „spezialisierte Symbolsysteme“ (Reinmann-Rothmeier & Mandl, 1993, S. 240), und die Arbeit mit solchen Symbolen ein Indikator für Wissensarbeit (vgl. Höhne, 2003, S. 45), siehe Kapitel 1 und Kapitel 3. Die gemeinsame Sprache kann nicht von außerhalb erlernt werden, sondern nur durch Integration in die Community of Practice (vgl. Reinmann-Rothmeier & Mandl, 1993, S. 240), im Sinne der vollständigen legitimen Partizipation.

Ein Hauptziel des Wissensmanagements besteht darin, bereits in einzelnen Angestellten vorhandenes, implizites Wissen in explizites Wissen umzuwandeln und den übrigen Angestellten verfügbar zu machen (vgl. Nolda, 2023, S. 443). Diese Explizierung impliziten Wissens birgt auch eine Gefahr: die Beständigkeit von Artefakten und die Verlockung, sich auf dokumentierte Schlußfolgerungen zu verlassen statt Gegebenheiten neu zu hinterfragen (vgl. Wenger, 1998, S. 61), können eine Community of Practice erstarren lassen; sie vollzieht dann nur noch mechanisch die äußerlich erkennbaren Schritte, statt die Praxis mit Leben zu füllen. In einer Community of Practice werden nicht nur Wissensbestände weitergegeben, sondern auch „Gewohnheiten, Einstellungen und Werte“ (Dehnbostel, 2022, S. 53). Dies sind gerade schriftlich schwer fixierbare Aspekte, also wichtige Ziele des impliziten Lernens. Idealerweise findet und sichert eine Community of Practice auch nicht lediglich Wissen im Sinne immerwährender Wahrheit, sondern überprüft ihr gemeinsames und bewährtes Wissen immer wieder, um es gegebenenfalls zu dekonstruieren und neu zu konstruieren (vgl. Romhardt, 2002, S. 25). Auf diese Weise entsteht ein instabilerer Begriff des Wissens, der jedoch Innovation fördert.

Die Community of Practice steht allen Interessierten offen, unabhängig von Tätigkeitsfeld und Unternehmenshierarchie (vgl. Enkel et al., 2002, S. 110). Die Teilnehmer unterliegen also einer Selbstselektion entsprechend ihrer Interessen (siehe Kapitel 4.2.2). Diese periphere Partizipation ermöglicht den niederschwelligen Zugang zu Experten (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 37), was der Silobildung entgegenwirkt (vgl. Stone, 2004, S. 17), da bei Erkennen von Problemen und offenen Fragestellungen eine passende Community of Practice aufgesucht werden kann, so sie bereits existiert. Wenn sie unternehmensintern bekanntgemacht wird bzw. internes Marketing betreibt, kann sie zugleich als Kompetenzverzeichnis dienen. Teilnehmer einer solchen Community of Practice können dann zum Thema angesprochen werden, ohne zu befürchten, diese könnten sich behelligt fühlen. Respekt und Scheu Experten gegenüber können dazu führen, daß Neu-Teilnehmer besser von etwas fortgeschrittenen Teilnehmern lernen, die jedoch selbst noch nicht zu den Experten zählen (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 92). Die formelle Gleichrangigkeit innerhalb der Community of Practice ist hierbei durch emotionale Barrieren unterminiert, was zugleich bedeutet, daß das zentrale Merkmal der Legitimität der Partizipation nicht mehr gegeben ist.

Communities of Practice neigen – wie viele sozialen Gruppierungen – dazu, sich selbst zu reproduzieren (vgl. Enkel et al., 2002, S. 121). Wenn die Teilnehmer sich überwiegend aus einer Unternehmensabteilung, einer Hierarchiestufe oder einer anderen abgrenzbaren Eigenschaft heraus rekrutieren, werden auch neue Teilnehmer überwiegend aus diesen Bereichen stammen. Im selben Maße wächst die Gefahr, daß Betriebsblindheit einsetzt und Ideen vorwiegend deshalb akzeptiert oder verworfen werden, weil sie sich in der Vergangenheit bereits bewährt hatten (vgl. Enkel et al., 2002, S. 121; vgl. Romhardt, 2002, S. 24). Dies widerspricht dem Wunsch, neue Problemlösungswege zu finden. Auch neigen eingeschworene Gemeinschaften dazu, ihren eigenen Jargon zu prägen und ihre Gruppenidentität dadurch zu festigen, wodurch sie sich vom Rest des Unternehmens isolieren könnten (vgl. Enkel et al., 2002, S. 122). Aufgrund der notwendigen Reproduktion der Community of Practice erfolgt jedoch auch ein Ausscheiden vormaliger Teilnehmerr, die durch andere Teilnehmer ersetzt werden (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 57). Dieser oftmals schleichende Prozeß, der aufgrund der freiwilligen Teilnahme in der Regel eigenbestimmt erfolgt, erlaubt wiederum eher die graduelle Akzeptanz neuer Ideen als statische Team- oder Projektgruppen, die von außen oder von höheren Hierarchieebenen besetzt und neubesetzt werden. Wenn sich die Community of Practice zu weit von den eigenen Vorstellungen entfernt, kann ein Rückzug attraktiver sein, als einen Kampf Alt gegen Neu auszufechten. Im Team- und Projektrahmen ist solch ein Rückzug teilweise nur unter Verlust von Status oder Ansehen möglich, teilweise überhaupt nicht. Dadurch kann die Community of Practice eine Möglichkeit eröffnen, Meinungsverschiedenheiten zwar nicht beizulegen, doch zumindest durch Ausweichmöglichkeiten akute Schärfe herauszunehmen. Das Problem einer Organisationsentwicklung in Hinblick auf das Beharren auf tradierten Vorgehensweisen und Ansichten (vgl. Müller, 2015, S. 130) kann so abgemildert werden.

Führungskräfte können Communities of Practice auch strategisch einsetzen, um eine verteilte Führung zu bewirken. Da keine einzelne Person in allen führungsrelevanten Bereichen überdurchschnittliche Leistungen erbringen kann, was auch der Gedanke der T‑shaped-Angestellten (siehe Kapitel 3.1) widerspiegelt, können alle diese führungsrelevanten Bereiche und Kompetenzfelder abgedeckt werden, indem Communities of Practice nicht nur als Beratungsquelle genutzt werden, sondern auch ermächtigt werden, durch eigene Selbstorganisation Entscheidungen zu fällen und ihre Umsetzung zu überwachen (vgl. Retna & Tee Ng, 2011, S. 52).

Die Perspektive der Angestellten

Angestellte erlebten die zunehmende Globalisierung und den damit einhergehenden Druck auf rational-ökonomische Verwertbarkeit oftmals als Belastung. So sind die klassischen Berufskarrieren von der Berufsausbildung bis zur Rente im selben Unternehmen selten geworden (vgl. Ewinger et al., 2016, S. 14), die Berufsbiographien zerstückeln und erfahren auch häufig Krisen in Form von vorübergehender Arbeitslosigkeit oder (psychischen) Erkrankungen (vgl. Sonntag et al., 2004, S. 105). Die stark gestiegene Berufsbeteiligung von Frauen und die damit verbundenen Auszeiten im Zuge von Schwangerschaft und der noch immer primär weiblich getragenen Kindesbetreuung tragen weiterhin dazu bei (vgl. Statistisches Bundesamt, 2024).

Zugleich existieren für viele Angestellte erhöhte Gelegenheiten der Selbstentfaltung und eigenverantwortlichen Planung von Arbeitstätigkeiten. Diese fordern sie infolgedessen auch zunehmend ein, da sie als selbstverständlich oder zumindest wünschenswert empfunden werden. Wo diesem Wunsch nach Autonomie nicht entsprochen wird, sind Auseinandersetzungen die Folge (vgl. Lindner, 2022, S. 177). Zugleich stellt dieses erhöhte Maß an Autonomie im Beruf jedoch nicht nur eine Gelegenheit dar, sondern auch eine Verpflichtung (vgl. Lindner, 2022, S. 181). Wo eigene Verantwortung der Angestellten hervorgehoben wird, ist der Weg zu eigener Vermarktungsverantwortung bei abnehmender sozialer Sicherung und damit verbunden der Aussetzung eines echten Marktrisikos der Angestellten nicht weit (vgl. Beck, 2022, S. 212).

Interessen

Aufgrund der geringeren Aussicht auf eine geregelte berufliche Laufbahn, verbunden mit der Wohlstands- und Konsumorientierung der heutigen Gesellschaft, haben für Angestellte andere Aspekte ihres Lebens gesteigerte Bedeutung erlangt und wollen mit dem Beruf in Einklang gebracht werden. Studien und Umfragen zeichnen ein eindeutiges Bild: die Selbstverwirklichung der eigenen Person wird als wichtig angesehen, und Angestellte wünschen sich, daß diese nicht nur in der Freizeit, sondern auch im Beruf Raum findet (vgl. von Devivere, 2021, S. 91). Work-Life-Balance, also ein als gerecht empfundener Ausgleich zwischen den Anforderungen des Berufs und des Privatlebens, wird als wichtig eingeschätzt (vgl. Glaubitz, 2023, S. 81; vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 91–92). Die allgemeine Zufriedenheit mit dem Beruf, also ein „Wohlfühlen“, steht ebenso im Vordergrund (vgl. Senge, 2011, S. 158), und wird von Unternehmen zunehmend durch Gesundheits- und Lifestyleaktionen bedient. Angestellte fordern auch explizit Mitbestimmung und eigene Wirksamkeit ein (vgl. Ewinger et al., 2016, S. 13; vgl. Glaubitz, 2023, S. 80), wenn Unternehmen aufgrund des vielfach beklagten Fachkräftemangels aktiv um sie werben (vgl. Ewinger et al., 2016, S. 16).

Theoretische Rahmung

Ob Personen bestimmte Arbeitsaufgaben erfüllen können, läßt sich nur durch konkrete Handlungen zeigen, siehe Kapitel 3.2.2. Diese Handlungen entstehen jedoch nur, wenn eine Motivation vorhanden ist, sie vorzunehmen (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 25).

Schiefele wirbt dafür, die Motivationstheorie und -forschung nicht allein der Psychologie zu überlassen, sondern auch pädagogisch nutzbar zu machen. Insbesondere fordert er, selbstbestimmtes Lernen zu fördern, wobei externe Anreize weder gut noch schädlich seien (vgl. Schiefele, 1993, S. 184). Diese Überlegungen sind dort zwar auf die klassische Pädagogik des Kindes gemünzt, sind mittlerweile jedoch auch auf die Erwachsenenbildung übertragen worden. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Motivationsfaktoren, die die Zufriedenheit steigern, und sogenannten Hygienefaktoren, die lediglich Unzufriedenheit vermeiden oder abmildern (vgl. Heiss, 2009, S. 87; vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 90). Eine Motivationstheorie ist die Selbstbestimmungstheorie, die intrinsische und extrinsische Motivation unterscheidet, siehe Kapitel 4.2.1. So wirken rein materielle Anreize bei den meisten Angestellten nur als Hygienefaktor, induzieren jedoch keine erhöhte intrinsische Motivation.

Lernförderlich ist auch Interesse am zu erlernenden Sachgebiet (vgl. Novak, 2010, S. 59). Dieses Interesse fördert die intrinsische Motivation zum Lernen (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 233) und wird in der Person-Gegenstands-Theorie des Interesses beleuchtet, siehe Kapitel 4.2.2.

Selbstbestimmungstheorie

Motivation bedeutet, ein bestimmtes Ziel erreichen zu wollen (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 224). Kern der Selbstbestimmungstheorie ist die Sicht auf motivierte Handlungen anhand eines Spektrums entlang der Dimension der Selbstbestimmtheit oder Kontrolliertheit (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 225).

Intrinsisch ist eine Handlung dann motiviert, wenn die Handlung dem Handelnden selbst genügend Anreiz zur Ausführung ist. Darunter fallen insbesondere durch Neugier und Experimentiertrieb motivierte Handlungen (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 225), aber auch die freudvolle Erfahrung des Flow (vgl. Csíkszentmihályi & Aebli, 1985). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Handlung selbstbestimmt und autonom erfolgt (vgl. Heiss, 2009, S. 87), beispielsweise durch freiwilliges Eingehen einer Verpflichtung sich selbst oder anderer gegenüber (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 79). Autonomie beinhaltet dabei nicht nur, alles selbst entscheiden zu können, sondern vor allem auch das Befolgen extern gesetzter Vorgaben und Normen aus eigener Überzeugung und Werten heraus (vgl. Krapp & Ryan, 2002, S. 65). Einwilligung in externe Vorgaben ist jedoch graduell. Echte Überzeugung ist ebenso eine Art der Einwilligung wie bloße Teilnahme. Diese beiden Formen werden leicht verwechselt, so daß im Anschluß an ein ausbleibendes, aber erwartetes Handeln die Ratlosigkeit herrscht, woran es gelegen habe (vgl. Senge, 2011, S. 240). Eine solche echte Überzeugung ist eine Form intrinsischer Motivation und bedeutet, Verantwortung nicht nur für das Vorgehen, sondern auch für das Ergebnis zu übernehmen (vgl. Senge, 2011, S. 241).

Extrinsisch ist eine Handlung motiviert, wenn sie ausgeführt wird, um eine von der Handlung selbst verschiedene Konsequenz zu erfahren (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 225). Darunter fallen insbesondere von anderen Personen verhängte Belohnungen oder Strafen. Solche Belohnungen können auch eigentlich vorhandene intrinsische Motivation überlagern und ersetzen (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 226), was das Ausloben von Belohnungen auch gefährlich macht, indem sogenannte perverse incentives (vgl. Bruno et al., 2017, S. 29) entstehen können. Jedoch schließen extrinsische Motivation und selbstbestimmte Handlungen einander nicht aus. In der Regel wirken beide Anreizarten zusammen, um eine Handlung zu motivieren (vgl. Krapp, 1999, S. 391). Darüberhinaus können durch Internalisation extern vorgegebene Wert- und Zielvorstellungen in die internen Regulationsprozesse einer Person aufgenommen und durch Integration schließlich gar ins Selbst eingegliedert werden. Bemerkenswert ist, daß dadurch ein ursprünglich extern induziertes Verhalten als selbstbestimmt erlebt werden kann (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 227). Deci und Ryan postulieren vier Typen innerhalb eines Kontinuums von rein externaler Motivation bis zu internalisierter externaler Motivation, die in einer zeitlichen Abfolge diese Transformation von extrinsischer Motivation hin zu einer annähernd als intrinsisch erlebten Motivation, die jedoch weiterhin fremdinduziert ist. In dieser letzten Stufe ist die fremdinduzierte Verhaltensweise vollständig in die eigene Identität integriert (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 227–228).

Motivation entsteht nach der Selbstbestimmungstheorie aus dem Bestreben, angeborene psychologische Bedürfnisse zu befriedigen. In dieser Theorie werden drei verschiedene Bedürfnisse postuliert: Wirksamkeit, Selbstbestimmung und soziale Eingebundenheit (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 229). Das Erleben eigener Wirksamkeit beruht auf der Beobachtung, durch eigenes Handeln aufgrund eigener Kompetenz eine positive Veränderung bewirkt zu haben und als Person den anfallenden Aufgaben gewachsen zu sein (vgl. Krapp & Ryan, 2002, S. 72; vgl. Schwarzer & Jerusalem, 2002, S. 35; vgl. Straka, 2009, S. 4). Das Gefühl von Autonomie oder Selbstbestimmung ist damit verwandt, wird in der Literatur teilweise mit der Wirksamkeit identifiziert (vgl. Rosendahl & Straka, 2007, S. 7), und bezieht sich auf das Selbst als hauptsächlich Handelndem (vgl. Krapp & Ryan, 2002, S. 72), die „nach eigenen Plänen“ (Straka, 2009, S. 4) vorgeht. Autonomie wird insbesondere durch Auswahlmöglichkeiten und Anerkennung gefördert (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 230). Anerkennung durch andere Personen kann ebenfalls die intrinsische Motivation steigern, muß dazu jedoch auf Ergebnisse selbstbestimmten Handelns bezogen sein (vgl. Deci & Ryan, 1993, S. 231). Soziale Eingebundenheit bezieht sich auf das menschliche Bedürfnis, Teil einer Gruppe zu sein und von dieser akzeptiert zu werden (vgl. Krapp & Ryan, 2002, S. 72).

Person-Gegenstands-Theorie des Interesses

Als ein Ansatz, das Entstehen und Fortbestehen intrinsischer Motivation zu erklären, kann der Begriff des Interesses herangezogen werden (vgl. Krapp, 1999, S. 400). Interesse bezieht sich gezielt auf einen (Lern-)Gegenstand, ist darin also konkreter als der inhaltlich unbestimmtere Interessensbegriff der Selbstbestimmungstheorie (vgl. Krapp & Ryan, 2002, S. 69; vgl. Schiefele, 1986, S. 156). Interesse in diesem Sinne ist nicht alleiniger Auslöser oder alleiniges Merkmal intrinsischer Motivation im Sinne der Selbstbestimmungstheorie, kann aber einen Ausschnitt davon beschreiben. Die Person-Gegenstands-Theorie des Interesses setzt insofern auf die Selbstbestimmungstheorie auf und erweitert diese (vgl. Krapp, 1999, S. 399).

Interesse als Begriff bezeichnet in der Literatur eine Vielzahl von Definitionen, die entweder jeweils sehr enge Teilaspekte wie Aufmerksamkeit oder Neugier fokussieren, oder sehr breit sind und sich damit als kaum nutzbar für konkrete Forschung erweisen (vgl. Krapp, 2002, S. 405–406). Gerade im Berufsbildungsbereich sind Ansätze verbreitet, denen zufolge sich thematische Interessen in der Kindheits- und Jugendphase entwickeln und dann prädiktiv für die Berufswahl sind (vgl. Krapp, 2007, S. 6). Die angeführten Beispiele sind Legion, wenn auch in der Regel klischeebehaftet und in ihrem tatsächlichen Erklärungsvermögen fragwürdig; so existiert das Bild des männlichen Jugendlichen, der gefesselt von seinem Elektrobaukasten zur Elektronik als Hobby gelangt und später als Elektroingenieur Schaltungen entwirft (vgl. Funk, 2015, S. 235). Ein situationsbedingter Anreiz, der den Lerner mit einem Thema erstmalig in Berührung bringt, verstetigt sich zu einem dauerhaften situativen Interesse, das sich schließlich zur Disposition verfestigt (vgl. Wild, 2022, S. 12881). Interesse zeichnet sich insbesondere durch drei Eigenheiten aus: die Person erwirbt zum sie interessierenden Gegenstand eine Beziehung, die sich „in einer differenzierenden und vielfältig variierbaren Gegenstandsauffassung“ (Prenzel et al., 1986, S. 166) niederschlägt. Die Beschäftigung mit dem Gegenstand ist emotional positiv gefärbt und fördert die weitere Beschäftigung damit. Der Gegenstand wird von der Person, die sich dafür interessiert, auch besonders wertgeschätzt (vgl. Krapp, 1999, S. 398; vgl. Prenzel et al., 1986, S. 166; vgl. Rosendahl & Straka, 2007, S. 6; vgl. Schiefele, 1986, S. 156), was wiederum das Erleben eines Flow (siehe Kapitel 4.2.1) fördert (vgl. Prenzel et al., 1986, S. 166). Diese intrinsische Motivation, sich auch weiterhin mit dem Gegenstand zu befassen, trägt zu einer entsprechenden Ausbildung der Identität bei (vgl. Prenzel et al., 1986, S. 168), beispielsweise in Form des Selbstverständnisses als Elektronikerin oder Elektroniker.

Die Person-Gegenstands-Theorie schlägt stattdessen ein Verständnis des Interesses vor, das sowohl die Dispositionen des Einzelnen in Form individuellen Interesses als auch das Interesse als Eigenschaft des Kontextes integriert (vgl. Krapp, 2007, S. 7). Individuelle Dispositionen in Form von Präferenzen für Themen sind relativ stabil, jedoch auch bestimmend für die Lernmotivation. (vgl. Krapp, 2002, S. 407). Kontextbezogenes Interesse beruht nicht auf einer statischen Disposition, sondern auf Eigenschaften der aktuell ausgeübten Tätigkeit (vgl. Krapp, 2007, S. 9). Beide Aspekte des Interesses hängen zusammen. Sofern jemand aufgrund einer wiederholten Lernsituation (vgl. Krapp, 2007, S. 14) situatives, also kontextbezogenes Interesse entwickelt, kann dieses zu einem dispositionalen Interesse internalisiert werden (vgl. Krapp, 2007, S. 13), also Teil der Persönlichkeitsstruktur und des Identitätserlebens werden.

Die Community of Practice aus Angestelltenperspektive

Angestellte gelangen durch ihre Arbeitsabläufe zu einer Praxis, um ihre Arbeitsaufgaben erledigen zu können und dabei auch grundlegende Freude daran zu haben (vgl. Wenger, 1998, S. 47). Beispielsweise würde ein rein mechanistisch-prozeßförmiges Delegieren von Aufgaben in einem Projektverwaltungssystem ihr Bedürfnis nach sozialem Umgang nicht befriedigen, auch wenn dies nüchtern betrachtet möglicherweise ausreichend wäre. Aus solch individueller Praxis stellen sich persönliche Kontakte und habitualisierte Vorgehensweisen ein, die jedoch kontigent sind. Sie müssen nicht genau so stattfinden, andere Angestelltenkonstellationen kämen zu anderen, ebenso funktionierenden Praktiken. Eine Motivation für Angestellte, sich in Communities of Practice einzubringen, ist sozial: der fortlaufende Kontakt sowohl im Tagesgeschäft als auch team- oder abteilungsübergreifend (vgl. Wenger & Snyder, 2000, S. 141). Solche informellen, nicht durch organisationale Gruppierungen determinierte sozialen Kontakte bestehen in Unternehmen stets bereits und entsprechen dem Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit (siehe Kapitel 4.2.1). Die Angestellten können ermutigt werden, aus solchen losen Netzwerken eine festere Form, nämlich eine Community of Practice zu bilden (vgl. Wenger & Snyder, 2000, S. 144). Angestellte bringen ihre individuellen Praktiken in eine Community of Practice mit und handeln untereinander eine gemeinsam geübte Praxis aus. Freude an der Arbeit aufgrund eigener Arbeitsgestaltung ist erlebte Autonomie und Selbstwirksamkeit im Sinne des Kapitels 4.2.1 sowie ein Aspekt der intrinsischen Motivation im Sinne des Flow (siehe Kapitel 4.2.1 und 4.2.2). Dieses Maß an Autonomie fördert zugleich die eigene Organisation eines Ausgleichs zwischen Beruf und Privatleben und damit auch das eigene Zufriedenheitsgefühl.

Die individuelle Motivation muß nicht immer der Community of Practice förderlich sein. So ist die persönliche Profilierung als Experten, um die eigene Karriere voranzutreiben (vgl. North et al., 2004, S. 18), sicherlich häufig ein latent vorhandenes Motiv, wenn es jedoch stark im Vordergrund steht, so kann sich kaum das Vertrauen eines performing Teams, siehe Kapitel 5, einstellen. Zudem besteht die Gefahr, daß von einzelnen bewußt ihnen allein verfügbares Wissen aufgebaut wird (vgl. Heiss, 2009, S. 92). Heiss untersucht die Motivationslage der Angestellten bezüglich Wissensmanagement qualitativ durch Interviews mit Teilnehmern einer Community of Practice der Siemens AG (vgl. Heiss, 2009). Dabei wurden vorab Lernen, Gerechtigkeit, Anerkennung, Macht, Anschluß, Selbstdarstellung, Autonomie, Rückmeldung und Hilfehandeln (vgl. Heiss, 2009, S. 90) als mögliche Motivationen hypothetisiert. Macht bedeutet hier insbesondere die Möglichkeit, anderen Mitarbeitenden Informationen vorzuenthalten, um sie in ihren Handlungen zu blockieren (vgl. Heiss, 2009, S. 92). Dies ist vorwiegend dann vorzufinden, wenn die Handlungen der anderen eigene Ziele gefährden. Kontakt beziehungsweise Anschluß ist ein „zentrales intrinsisches Arbeitsmotiv zum sozialen Handeln“ (Heiss, 2009, S. 92). Im Ergebnis der Studie erwies sich der reziproke Austausch von Wissen (Hilfehandeln) als ein wesentliches Motiv in der Community of Practice. Dabei ist nach einer Vorleistung anderer gar eine eigene Übererfüllung der daraus entstandenen reziproken Verpflichtung wahrscheinlich (vgl. Heiss, 2009, S. 96). Selbstdarstellung als Motiv darf trotz der als nieder empfundenen Motivation nicht unterschätzt werden. Die Studie bestätigt, daß einige Teilnehmer einer Community of Practice lediglich am Außenbild, insbesondere der eigenen Führungskraft gegenüber, und damit verbunden einem erhofften Karriereschub interessiert seien (vgl. Heiss, 2009, S. 97). Das Machtmotiv konnte in der Studie allerdings nicht bestätigt werden (vgl. Heiss, 2009, S. 99), wobei sich die Frage stellt, ob eine derart negativ konnotierte und destruktiv orientierte Motivation durch Befragung überhaupt korrekt erfaßt werden kann.

Durch die länger währende gemeinsame Arbeit stellen sich in Communities of Practice zwischen den Teilnehmern nicht nur soziale (Betriebsklima) und kognitive Verbindungen ein (gemeinsame mentale Modelle, siehe Kapitel 5), sondern auch emotionale Verbundenheit. Ein solcher sicherer Raum, in dem gegenseitiges Vertrauen herrscht, ermöglicht erst den freien Austausch von Ideen (vgl. Enkel et al., 2002, S. 122; vgl. Roberts, 2006, S. 628).

Die Wichtigkeit der sozialen Identität der Gruppe zeigt sich auch daran, daß die Studie ergab, daß die Ähnlichkeit der Teilnehmern zueinander eine erhöhte Rolle spielte (vgl. Heiss, 2009, S. 106). Im Gegensatz zum gängigen Ansatz, Arbeits- bzw. Projektgruppen möglichst interdisziplinär und abteilungsübergreifend zu gestalten, um keine Silos aufkommen zu lassen (vgl. Stone, 2004, S. 17), scheint also der Ansatz des Situierten Lernens in einer real gemeinsam arbeitenden Praxisgemeinschaft durchaus wichtig zu sein. Dabei ist festzuhalten, daß dies einer berufs- oder tätigkeitsübergreifenden Zusammensetzung der Community of Practice nicht entgegensteht, die Teilnehmer müssen sich nur als ähnlich betrachten. Beispielsweise ist die Abgrenzung zwischen Software- und Hardwareentwicklern üblicherweise in ihrem Selbstverständnis durchaus deutlich gegeben, jedoch kann die Arbeit an einem gemeinsamen Produkt, das beide Aspekte benötigt, zu einer produktbezogenen Identitätsstiftung führen.

Die Motivation zum Wissensaustausch ist hoch, wenn konkrete Probleme durch die Community of Practice gelöst werden sollen (vgl. Heiss, 2009, S. 106). Auf diese Weise wird die Community of Practice nicht als eine oktroyierte Idee der Führungsebene wahrgenommen, die ihre eigenen Probleme zu lösen und ihre eigenen Interessen zu wahren sucht, sondern sie wirkt als eine originär eigennützige Vorgehensweise für die Teilnehmern. Indem Teilnehmer wahrnehmen, daß ihre Gruppenergebnisse positive Effekte aufs Unternehmen aufweisen, und die Erkenntnis, daß diese Ergebnisse auf den vielfältigen individuellen Kompetenzen der verschiedenen Teilnehmern beruhen, die sich sinnvoll ergänzen, erfahren sie auch ihren eigenen Einfluß auf das Unternehmen. Diese auch eigenen Erfolge konterkarieren eventuelle Gefühle der Nutzlosigkeit eigener Tätigkeit (siehe Kapitel 2.1.2) und stellen eine Form der Selbstwirksamkeit dar, die in hohem Maße motivierend wirkt (vgl. Retna & Tee Ng, 2011, S. 54). Darüberhinaus können individuelle Selbstwirksamkeitserfahrungen in eine kollektive Selbstwirksamkeitserfahrung der Community of Practice münden. Diese gruppenbezogene Selbstwirksamkeit, insbesondere die Erwartung künftiger kollektiver Selbstwirksamkeit stellt selbst wiederum eine kollektive Kompetenz dar (siehe Kapitel 3.2.4), da sie mit einer erhöhten Erfolgswahrscheinlichkeit im künftigen Unterfangen einhergeht (vgl. Schwarzer & Jerusalem, 2002, S. 41; vgl. Weixelbaum, 2016, S. 54).

Die Community of Practice hat auch eine Orientierungsfunktion. Durch sie wird nach außerhalb der Gruppe sichtbar, aber einzelnen Teilnehmern auch unmittelbar erkennbar, wer Expertise besitzt (vgl. Heiss, 2009, S. 107).

Synthese der Unternehmens- und Angestelltenperspektiven

Nachdem bereits Vorzüge der Community of Practice aus der Perspektive der Unternehmen und der Perspektive der Angestellten dargestellt wurden, ist bereits erkennbar, daß es sich insofern um kein Nullsummenspiel handelt, als sowohl Unternehmen als auch Angestellte Nutzen aus ihr ziehen können, ohne den Nutzen der jeweils anderen Seite zu beeinträchtigen. Grundsätzlich stehen sich die Interessenlagen beider Seiten auch nicht unversöhnlich gegenüber. Angestellte haben beispielsweise aus Selbstwirksamkeitsüberlegungen heraus (siehe Kapitel 4.3) eigene Interessen auch an Kompetenzaufbau, und der vielbeschworene Fachkräftemangel (vgl. North et al., 2018, S. 328) läßt Unternehmen den Forderungen der Angestelltenseite gegenüber offener werden. Doch auch wenn die vorangegangenen Betrachtungen beider Seiten bereits in ihrer Isolation jeweils mehrere bildungswissenschaftliche Theorieansätze miteinander vereinen konnten, so fehlt bislang noch die übergreifende Betrachtung der Aspekte, die erst im Zusammenspiel der Theorieansätze über die Parteiengrenze hinweg zum Tragen kommen.

Betriebliche Weiterbildung als Ziel folgt primär den wirtschaftlichen Qualifizierungsinteressen der Unternehmen. Angestellte in Berufen der Wissensarbeit werden jedoch nicht nur durch das Weiterbildungsinteresse der Unternehmen zum Selbstlernen motiviert, sondern sie weisen in der Regel ein selbst empfundenes Lerninteresse auf (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 90). Diese Lernmotivation der Angestellten als Voraussetzung hängt von den persönlichen Interessen der Angestellten ab (vgl. Meyer, 2005, S. 5), die sich noch dazu von Person zu Person stark unterscheiden können. Ihre jeweilige intrinsische Motivation kann von den Zielen des Unternehmens abweichen (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 79), beispielsweise indem persönliches Lerninteresse an Themen besteht, die das Unternehmen nicht zu verwerten beabsichtigt. Dies ist aus Unternehmenssicht problematisch, weil sich diese Abweichung kaum korrigieren läßt (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 79). Maßnahmen des Unternehmens, um eine solche Korrektur dennoch zu versuchen, laufen auf extrinsische Motivationsversuche hinaus und sind weniger wirksam. Zwischen diesen divergierenden Interessenlagen gilt es zu vermitteln (vgl. Gillen, 2006, S. 36–38). Unternehmen nutzen betriebliche Weiterbildung, um dem wirtschaftlichen Strukturwandel zu begegnen, folgen also einer primär „ökonomischen Handlungslogik“ (Meyer, 2005, S. 8). Daraus leiten Unternehmen auch ab, daß Angestellte „ihr gesamtes Potential und ihre Persönlichkeit in das Unternehmen einbringen sollen“ (Meyer, 2005, S. 8). Eine solche Vereinnahmung der Persönlichkeit birgt Widerstandspotential. Die Community of Practice läßt diese Konfliktlinie zwar nicht verschwinden, durch die gesteigerte Autonomiewahrnehmung in einer Community of Practice kann diese Konfliktlinie jedoch abgemildert werden. Da die Teilnehmer einer Community of Practice weitgehend aufgrund ihres persönlichen Interesses selbstselektiert sind, mag diese Vereinnahmung der ganzen Persönlichkeit auch weniger negativ empfunden werden.

Diese Selbstselektion, die auf persönlichem Interesse beruht (siehe Kapitel 4.2.2), stärkt nicht nur die empfundene Autonomie (siehe Kapitel 4.2.1), sondern ist auch Schlüssel zur individuellen Identitätsentwicklung. Durch langfristige Beschäftigung mit einem Gegenstand (vgl. North et al., 2004, S. 43) und daraus resultierenden Erfahrungen verändern sich Menschen und damit auch ihre Identität (siehe Kapitel 4.2.1 und Kapitel 4.2.2). Denn aus situativem Interesse kann eine Disposition zu bestimmten Arten von Handlungen entstehen (siehe Kapitel 4.2.2). Umgekehrt ist eine Identitätsbildung ohne jedes zugrundeliegende Interesse schwer vorstellbar. Ebenso fördert die notwendige Beschränkung auf eine überschaubare Zahl von Gegenständen des Interesses durch Auslassung anderer Gegenstände eine erkennbar abgegrenzte Identität (vgl. Schiefele, 1986, S. 157). Partizipation ist mit Identität verschränkt, die Partizipation an einer beruflichen Community of Practice wirkt aufgrund des eigenen Selbstverständnisses, beispielsweise als Softwarearchitektin oder Softwarearchitekt, über die Arbeitszeit hinaus (vgl. Wenger, 1998, S. 57). Dies gilt um so mehr im deutschsprachigen Raum, in dem das Berufskonzept an sich bereits eine Identitätskomponente aufweist, wohingegen beispielsweise die angelsächsische profession eher mit der kompetenten und somit professionellen Ausführung verbunden ist. Die Identitätswahrnehmung der einzelnen Angestellten ist insofern wichtig, als sie den Fokus ihrer Aufmerksamkeit lenkt (vgl. Lesser & Storck, 2001, S. 832).

Ein solcher Fokus kann ein aktuelles Problem des Unternehmens sein. Probleme erfordern eine innovative Problemlösung, wohingegen Aufgaben anhand des bestehenden Wissens der Angestellten abgearbeitet werden können (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 31). Komplex heißen Probleme dann, wenn sie von einer hohen Anzahl miteinander in Kausalbeziehungen stehenden Variablen und Randbedingungen berührt werden, und wenn sich das Problem dynamisch, also ohne weiteres eigenes Zutun verändert (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 32). Problemlösungen werden in Gruppen leichter gefunden, wenn die Gruppe eine gemeinsame Sicht auf das Problem besitzt. Diese gemeinsame Sicht wird durch kollektive Reflexion innerhalb der Gruppe gefördert (vgl. Beutel-Wedewardt, 1994, S. 258). Dabei schließt die gemeinsame Sicht unterschiedliche Meinungen, Ideen und Strategien der einzelnen Teilnehmern nicht aus. Die Lösung solcher Probleme setzt häufig auf mentale Modelle. Diese sind innere Vorstellungen, die schwer abzulegen sind (vgl. Senge, 2011, S. 193). Menschen handeln oft nicht nach Grundsätzen und Thesen, die sie äußern, sondern nach ihren inneren, mentalen Modellen (vgl. Senge, 2011, S. 194, 207). Sie sind nicht nur äußerlich unbeobachtbar, auch den einzelnen Angestellten selbst sind ihre inneren Modelle oftmals verborgen und unbewußt. Dies macht sie gefährlich, weil sie nicht bewußt steuerbar und bewertbar sind (vgl. Senge, 2011, S. 196). Durch mentale Modelle wird der Problemraum der Realität auf einen vereinfachten geistig-internen Problemraum abgebildet. Dieser vereinfachte Problemraum ermöglicht den Angestellten, ihre Annahmen vor dem geistigen Auge zu halten, neue Informationen einzubetten und das Gesamtsystem gleichsam zu simulieren, um Vorhersagen über mögliche Eingriffsmöglichkeiten und ihre Auswirkungen zu treffen (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 33). Mentale Modelle sind eine häufig durch visuelle Analogien ausgedrückte Repräsentation einer Teils der Realität, der im Bereich seiner Beschreibung die Beziehungen zwischen den vorgestellten Objekten realitätskonform beschreibt (Franke, 2001). Es handelt sich also um eine Vereinfachung eines realen Systems, das dennoch erlaubt, gültige Aussagen über die Realität und zutreffende Vorhersagen über das Verhalten des Systems zu machen. Die Konstruktion mentaler Modelle ist nicht erforderlich, wenn relevantes Vorwissen existiert, in deren Strukturen die neu erworbene Information eingebettet werden kann (vgl. Seel, 2001, S. 79). Mentale Modelle vereinfachen die reale Welt durch Analogien, sie bieten eine anschauliche, häufig visuelle Darstellung, und sie erlauben die mentale Simulation von und damit auch Vorhersage über komplexe dynamische Systeme (vgl. Seel, 2001, S. 82). Ein wichtiger Teil mentaler Modelle ist die kognitive Verknüpfung verschiedener Wissensbestände, die derart organisiert ist, daß ein effizienter Zugriff anhand inhaltlicher Kriterien sowohl beim Hinzufügen neuen Wissens als auch im Abruf bestehenden Wissens möglich ist. Insofern handelt es sich um eine Art indexierter Wissensbestände. Auf diese Weise können Experten neue Information schnell in ihre kognitiven Netzwerke integrieren und Muster zuverlässig erkennen (vgl. Gruber, 2021, S. 111). Beispielsweise erfordern Organisationsverbesserungen, eigene mentale Modelle zu modifizieren (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 96). Die Verzahnung der Community of Practice mit der größeren Organisation, beispielsweise mit anderen Abteilungen oder dem Gesamtunternehmen, ist auch deswegen von Bedeutung, damit sich die Community of Practice realistisch im Unternehmen erreichbaren Zielen widmet und für das Unternehmen relevante Themen bearbeitet (vgl. North et al., 2004, S. 20).

Geteilte mentale Modelle sind solche, die allen Teilnehmern einer Gruppe bekannt sind und die alle Teilnehmern nutzen können, um sich miteinander zu verständigen. Sie fungieren insofern als gemeinsame Sprache (auch im Sinne des Kapitels 2.1.1). Allerdings kann dieses enge Verständnis etwas erweitert werden, indem die Kenntnis und Nutzung des mentalen Modells nicht ausnahmslos allen Teilnehmern auferlegt ist, sondern auch zugelassen wird, daß unterschiedliche Teilnehmer jeweils zueinander ähnliche mentale Modelle oder Teilstücke eines gemeinsamen mentalen Modells besitzen, so lange sich diese Verteilung in ihrer Gesamtheit sinnvoll ergänzt (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 40). Solche geteilten mentalen Modelle entwickeln sich durch explizite Kommunikation der Teilnehmern (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 182). Sie entstehen also auch im Reflexionsprozeß, sind zugleich aber auch Voraussetzung der Teamreflexion, damit alle Teilnehmern „zu einer übereinstimmenden Einschätzung der aktuellen Situation kommen“ (Weixelbaum, 2016, S. 182). Dem steht eine Diversität von Sichtweisen der Teilnehmern nicht entgegen; zunächst unterschiedliche individuelle mentale Modelle können durch Kommunikation konvergieren (vgl. Weixelbaum, 2016, S. 187). Dazu ist gegenseitiges Vertrauen hilfreich. Das Bewußtmachen und anschließende Offenbaren und Aussprechen der eigenen mentalen Modelle fördert sachgerechte Entscheidungsfindungen im Unternehmen. Dies wurde bereits Anfang der 1980er-Jahre beim Ölkonzern Shell gezielt praktiziert (vgl. Senge, 2011, S. 200) und ist ein Beispiel für eine reflexive Praxis (vgl. Senge, 2011, S. 208, 222).

Die soziale Praxis in der Community of Practice weist einen doppelten Anknüpfungspunkt an die Theorie des impliziten Wissens (siehe Kapitel 3.2.1) auf. So kann durch Praxis die Reifikation impliziten Wissen zu explizitem Wissen vollzogen werden (siehe Kapitel 2.1.2), aber auch individuelles implizites Wissen in der Gruppe geteilt werden (vgl. Takeuchi & Nonaka, 1995, S. 62–64), was sich als geteiltes mentales Modell ausdrücken kann.

Reflexion erfordert Selbstbestimmung, welche als Erfahrung eigener Autonomie, Kompetenz und der Einbettung ins Sozialgefüge bestimmt werden kann (vgl. Hetzner et al., 2012, S. 539). Das Sozialgefüge einer Community of Practice ist die Gruppe der Teilnehmern. Gruppen müssen sich zunächst in einem sozialen Prozeß zusammenfinden und die relationalen Verhältnisse zwischen den Teilnehmern eruieren. Diese Phase wird als forming bezeichnet. In der zweiten Phase, dem storming, werden Konflikte ausgetragen. Mit einer Befriedung der Konflikte und der internen Einigung auf Arbeitsweisen und -standards geht die dritte Phase, das norming, einher. In dieser Phase stellen sich auch Vertrauen und emotionale Sicherheit zwischen den Teilnehmern ein. Diese vertrauensvolle Zusammenarbeit kann in der finalen Phase, dem performing, in die Leistungsfähigkeit der Gruppe kanalisiert werden. In dieser Phase sind interpersonelle Konflikte so weit dem gegenseitigen Vertrauen gewichen, daß auch neuartige Rollenverteilungen der Teilnehmern aufgrund aktuellen Bedarfs flexibel eingenommen werden können (vgl. Tuckman, 1965, S. 78). In solchen bereits existierenden und eingespielten Arbeitsabläufen funktionieren der Erwerb und die Verbreitung von Wissen besonders gut (vgl. Heiss, 2009, S. 82), so kann in dieser Phase am ehesten die Internalisierungsphase des Wissensspiralmodells erfolgen (vgl. Takeuchi & Nonaka, 1995, S. 69), in der Wissen verinnerlicht und in eigene mentale Modelle eingebettet wird. Der langfristige Horizont einer thematisch orientierten Community of Practice ermöglicht (vgl. North et al., 2004, S. 43), zu solch eingespielten Abläufen in vertrauensvoller Zusammenarbeit zu gelangen. In all diesen Phasen der Gruppenfindung und -bildung spielen Sozialkompetenzen eine wichtige Rolle, werden jedoch durch die Übung der Einschätzung anderer Teilnehmer (siehe Kapitel 3.2.2) ebenso wie die Personalkompetenz durch die kommunikative Rückmeldung von Fremdwahrnehmungen in einer Community of Practice auch gefördert (siehe Kapitel 3.2.2).

Erschwert wird das betriebliche Lernen dadurch, daß Angestellte das selbstorganisierte Lernen in der Arbeit oftmals nicht klar als Lernprozeß einordnen, sondern anderweitig, beispielsweise schlicht als Bestandteil der täglichen Arbeit wahrnehmen (vgl. Diesler & Nittel, 2001, S. 81). Obschon diese Selbstverständlichkeit selbstorganisierten Lernens als Bestandteil moderner Arbeit und Voraussetzung einer Lernenden Organisation (siehe Kapitel 3.1) einerseits positiv erscheint, so schwächt diese Wahrnehmung doch den Stellenwert und auch die gezielte eigenverantwortliche Nutzung des selbstorganisierten Lernens. Gestützt wird selbstorganisiertes Lernen auch durch die Erfahrung eigener Kompetenz, die Personen durch die übrigen Teilnehmern der Community of Practice widergespiegelt bekommen. Denn diese ist ein wichtiger Bestandteil der Selbstwirksamkeit (vgl. Krapp & Ryan, 2002, S. 71) und wird als solche als Stärkung eigener Autonomie wahrgenommen, da erhöhte Selbstwirksamkeit die Abhängigkeit von der Umwelt vermindert. Ein wichtiger Aspekt der Community of Practice ist die Möglichkeit, sich temporär zurückzuziehen. Diese Möglichkeit, die Angestellte im Projekt- oder Teamkontext in aller Regel nicht besitzen, eröffnet die Chance, Impulse von anderen zu vermeiden und zunächst die bislang aufgenommenen Impulse selbst in der Praxis einer Bewährungsprüfung zu unterziehen (vgl. Romhardt, 2002, S. 71) und dadurch die eigene Lerngeschwindigkeit zu bestimmen.

Die Community of Practice profitiert von einer Mischung aus Homogenität und Diversität. Während der gemeinsame Themenschwerpunkt, die Domäne, tendentiell Personen ähnlicher Positionen, Berufsbezeichnungen oder Projektzugehörigkeiten zueinanderfinden läßt, so sind doch auch unterschiedliche Ansichten, Aufgaben oder Kompetenzen wichtig, um die Gruppe aufblühen zu lassen (vgl. Kahnwald, 2013, S. 71). Diversität ermöglicht, neue Sichtweisen einzunehmen, ist aber keine beliebig steigerbare Größe, da mit zunehmender Diversität auch unterschiedliche Werte, Vorstellungen und Gewißheiten einhergehen, die in übersteigertem Maße zu gruppendynamischen Problemen führen können (vgl. Romhardt, 2002, S. 88). Zudem wird das inhaltliche Thema der Community of Practice gegebenenfalls unschärfer, wenn das Schlagwort oder der kurze Satz, der das Thema umreißt, in sehr unterschiedlichen betrieblichen Kontexten keinerlei Deckung mehr aufweist, so daß versteckt mehrere Communities of Practice im Mantel einer einzigen nach außen sichtbaren Gruppe agieren. Teilnehmer, die mit funktional ähnlichen Arbeitsaufgaben betraut und insofern relativ homogen sind, stoßen häufiger auf ähnliche Herausforderungen und können ihre Ideen und Lösungsansätze leichter untereinander transferieren (vgl. Kerno, 2008, S. 74).

Fazit

Die Vorteile, die die Community of Practice ihren Teilnehmern bietet, sind nicht auf diese beschränkt. Indirekt profitiert auch die Organisation davon (vgl. Lesser & Storck, 2001, S. 832), da die Community of Practice eine Möglichkeit bietet, langsame Entscheidungsstrukturen und tiefe Hierarchieebenen zu umgehen, und Probleme agil zu lösen. Konkrete Vorteile für die Leistungsfähigkeit der Organisation als ganzes sind schnellere Einarbeitung neuer Angestellter, kürzere Reaktionszeiten auf Kundenwünsche und -probleme, Einführung von Best Practices statt wiederkehrender Neuerarbeitung von Problemlösungen in mehreren Teams sowie die gestiegene Innovationskraft in der Konzeption neuer Produkte (vgl. Lesser & Storck, 2001, S. 836). Zu letzterem tragen insbesondere der Einbezug diverser und differierender Sichten auf ein Problemfeld bei. Dies wird insbesondere durch die starken sozialen Bande innerhalb der Community of Practice ermöglicht, da durch die erhöhte emotionale Sicherheit in solch einer Gruppe die Äußerung zunächst fernliegender Ideen erleichtert wird (vgl. Lesser & Storck, 2001, S. 839).

Auffällig ist, daß sowohl in der Auswahl der bildungswissenschaftlichen Theorien (siehe Kapitel 3.2 und Kapitel 4.2), als auch in der darauffolgenden Diskussion ein klares Übergewicht der Unternehmensperspektive gegenüber der Angestelltenperspektive zu verzeichnen ist. Dies scheint rückblickend primär daraus zu resultieren, daß die Community of Practice zwar ein Analysekonzept mit breiter Anwendbarkeit auf Praxisgemeinschaften ist, in der Realität des Einsatzes in Unternehmen jedoch wohl stets von Unternehmensseite vorgeschlagen und eingerichtet wird, da Angestellte zwar in ihrer regulären Arbeitstätigkeit bereits selbst Communities of Practice in diesem Sinne bilden, jedoch unbewußt und nicht als solche benannt. Ebenso sind zwar bildungswissenschaftliche Theoriezugänge zur Community of Practice fraglos möglich und in dieser Abschlußarbeit genutzt worden, doch entstammt die Mehrzahl der akademischen Literatur zur Community of Practice dem organisationstheoretischen und wirtschaftswissenschaftlichen Bereich, was den einfacheren Forschungszugang aus der Perspektive der Unternehmen erklären mag. Denn Unternehmen können im Gegensatz zu den Angestellten solche Forschung auch mitfinanzieren, ebenso sind Unternehmensdaten einfacher zu erheben als die sehr individuellen Eigenheiten einzelner Angestellter. Schließlich ist zu beachten, daß die Community of Practice als akademische Analysekategorie außerhalb der Wissenschaft weitgehend uninteressant ist, sie findet dort Einzug in die Unternehmen, wo sie konkrete Versprechungen eines praktischen Nutzens machen kann. Dies ist im weiten Feld des Wissensmanagement gegeben. Dennoch muß im folgenden eine Antwort auf die Forschungsfrage nach einer Vermittlungsfunktion formuliert werden.

Die Community of Practice im Spannungsfeld der Interessen

Die Community of Practice vermittelt weniger zwischen den Interessen der Unternehmen und der Angestellten, im Sinne eines beidseitigen Ausgleichs von Vorzügen und Nachteilen, als sie vielmehr beiden Seiten jeweils eigene Vorteile bieten kann, ohne der jeweils anderen Seite zum Nachteil zu gereichen. Denn die Interessenlage der beiden Seiten ist recht unterschiedlich und kein Theoriekonzept erfaßt beide Blickwinkel hinreichend. Zwar streifen Theorien natürlich immer wieder auch Aspekte der anderen Seite, so wäre beispielsweise möglicherweise zu erwarten gewesen, daß die Kompetenz (siehe Kapitel 3.2.2) als immanent personale Eigenschaft auf der Angestelltenseite verortet wird. Dies wäre ebenfalls umsetzbar gewesen, da der Wunsch, sich weiterzubilden und eigene Kompetenzen auszubauen im Rahmen der Selbstwirksamkeitserfahrung (siehe Kapitel 4.3), der Interessen (siehe Kapitel 4.2.2) und der Autonomie (siehe Kapitel 4.2.1) ebenso Platz gefunden hätte. Doch für ein überzeugtes Plädoyer einer echten Vermittlungsfunktion scheint solch eine Argumentation über alternative Kapitelstrukturen zu nebensächlich.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, daß die Community of Practice den Interessenlagen sowohl der Unternehmen als auch der Angestellten entgegenkommt, anstatt im eigentlichen Sinne zwischen ihnen zu vermitteln, und zwar durch in der Breite eher disjunkten Eigenschaften und Implikationen. So ist die Community of Practice ein etabliertes Werkzeug im Methodenkoffer des betrieblichen Wissensmanagements und Kompetenzaufbaus und kann zur Organisationsentwicklung des Unternehmens erheblich beitragen, indem sie die individuelle Entwicklung mit der supraindividuellen Entwicklung verknüpft. Zugleich kann sie Angestellten ein erhöhtes Maß an Autonomie geben und durch Selbstselektion der Zugehörigkeit zu verschiedenen Communities of Practice individuellen Interessen Rechnung tragen.

An dieser Stelle kann abschließend geurteilt werden, daß dies auch ausreichen muß. Der Begriff des Vermittelns ist im allgemeinen Sprachgebrauch äußerst positiv gefärbt, er klingt nach Kompromiß und Ausgleich. Doch Kompromisse setzen Konfliktlagen voraus, im Ausgleich klingt zugleich eine kleine Niederlage aller Beteiligten an. Dagegen ist eine Methodik, die allen Beteiligten etwas bietet, ohne zugleich echte Nachteile mitzubringen, eine tatsächliche Win-win-Situation, selbst wenn nur wenige Verknüpfungen zwischen den jeweiligen Vorteilen beider Seiten erkennbar sind.

Handlungsempfehlungen

Betriebliche Weiterbildung weist in der Praxis häufig das Problem auf, daß sie als Kostenfaktor gilt, ihr Nutzen aber in der Regel nicht konkret pekuniär bezifferbar ist (vgl. Karg, 2006, S. 33; vgl. Lesser & Storck, 2001, S. 833). Die Community of Practice kann hier attraktiv sein, denn sie bindet keine Ressourcen durch internes Lehrpersonal, externe Seminare oder Verwaltungsaufwand, sondern findet en passant im Arbeitsalltag statt. Allenfalls der zeitliche Umfang der Teilnahme an expliziten Veranstaltungen, die die Community of Practice veranstaltet, mag als Kostenfaktor gewertet werden. Sofern sie vorsichtig geschätzt einen auch nur überschaubaren Nutzen bietet – denn dieser wird in der Regel ebensowenig bezifferbar sein – ist sie aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein Nettogewinn.

Unternehmen können Communities of Practice fördern, indem sie die notwendige Infrastruktur (Zeit, Räumlichkeiten) zur Verfügung stellen (vgl. Enkel et al., 2002, S. 119). Während der unterschiedlichen Lebensphasen einer Community of Practice unterscheidet sich die Unterstützung, die hilfreich ist. So sind insbesondere unterschiedliche technische Mittel erforderlich, um die jeweils im Fokus befindlichen aktuellen Aufgaben zu bewältigen (vgl. Gongla & Rizzuto, 2001, S. 848). Eine weitere Ressource, die die Angestellten aufwenden müssen, ist Zeit. Die Teilnahme in der Community of Practice ist in aller Regel eine Nebentätigkeit. Teilnehmern kann schwer fallen, neben ihrer normalen Arbeitslast noch die Teilnahme an der Community of Practice einzurichten (vgl. Retna & Tee Ng, 2011, S. 55). Zeitmangel hemmt das Lernen in der Arbeit (vgl. Müller, 2015, S. 34). Dies gilt auch, wenn dieser Zeitmangel nur subjektiv empfunden wird. Für die Community of Practice kann dies ein Problem darstellen, wenn Teilnehmer einen Rechtfertigungszwang für die aufgewendete Zeit annehmen und auf die Teilnahme oder geeignete Vorbereitungen verzichten. Da der betriebswirtschaftliche Nutzen betrieblicher Weiterbildung, gerade auch in Form informellen Lernens, nur schwer bezifferbar ist (vgl. Müller, 2015, S. 34; vgl. Senge, 2011, S. 160), kann ein solcher Rechtfertigungszwang aber auch tatsächlich existieren. Denn Arbeitszeit für eine Community of Practice aufzuwenden, in der kognitive und soziale Verbindungen neue Ideen ermöglichen, sind schwieriger in einem Kosten-Nutzen-Verhältnis zu rechtfertigen als eher projektartige Arbeitsgruppen, die konkreter auf ein vorzeigbares Artefakt, beispielsweise ein Dokument, eine Präsentation oder eine wichtige Entscheidung hinarbeiten. Dabei entstehen auch in Communities of Practice Artefakte (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 58), die jedoch seltener bereits zu Beginn vorgegeben und allgemein bekannt sind. Auch wenn die Teilnahme an einer Community of Practice ein Statussymbol sein kann, so lastet insbesondere in wenig sichtbaren und durch die Führungskräfte hervorgehobenen Communities of Practice auf den Teilnehmern ein latenter Rechtfertigungszwang (vgl. Enkel et al., 2002, S. 122). Die Vereinbarkeit ungesteuerten bzw. selbstgesteuerten Lernens mit den konkreten Arbeitsaufgaben (vgl. Müller, 2015, S. 34, 126) ist problematisch, sofern dazu keine transparenten Vereinbarungen im Unternehmen existieren.

Führungskräfte in Unternehmen sind – vorwiegend betriebswirtschaftlich veranlaßt – gewöhnt, Ressourcen wie beispielsweise Angestellte zuzuteilen und anschließend die Ergebnisse zu messen und zu kontrollieren (vgl. North et al., 2004, S. 20). Hier besteht ein Konflikt mit der Autonomie und Selbstbestimmung der Community of Practice, und es müssen Kompromisse gefunden werden, die die Funktion der Community of Practice nicht beeinträchtigen, aber dennoch den berechtigten Wünschen nach Erfolgskontrolle Rechnung tragen. Entgegengebrachtes Mißtrauen, beispielsweise durch kleinteilige Führung, sogenanntes Micromanagement, senkt die Motivation und infolgedessen auch die Leistung der Angestellten (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 44). Vertrauen spielt insbesondere in schwierigen Situationen eine besonders wichtige Rolle, um die externe Realität unverfälscht akzeptieren zu können. Wenn das Arbeitsumfeld instabil ist, wenn Umstrukturierung und ggf. Entlassungen im Gange sind, kann die Vertrauensbildung erschwert sein (vgl. Roberts, 2006, S. 633). Doch auch in nicht-kritischen Lagen ermöglicht eine solche Vertrauensbasis den freien Fluß geschäftsrelevanter Information, wie folgendes Zitat eines Teilnehmers einer untersuchten Community of Practice belegt: „Though we do not work in the same office or department, we communicate freely and talk about issues openly when we meet. We trust and help each other and because of our good relationship we have managed to come up with innovative solutions“ (Retna & Tee Ng, 2011, S. 53). Positive Wirkung auf die Motivation und Leistungsbereitschaft der Angestellten haben entgegengebrachte Anerkennung, die Möglichkeit, sich als ganze Person einzubringen und eigene Identifikation mit der Arbeitstätigkeit (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 45). Durch die Identitätsbildung im Rahmen einer Community of Practice und die vielfältigen Möglichkeiten, sich selbst in dieser Community of Practice zu verorten – sei es peripher oder eher zentral – ist die Community of Practice eine mögliche Herangehensweise, diesen Angestelltenbedürfnissen zu entsprechen. Eine solche Gruppe bietet manchen Angestellten eine betriebliche Heimat, mit der sie sich auch identifizieren (vgl. Romhardt, 2002, S. 17), und aus der sie ihr Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit befriedigen (siehe Kapitel 4.2.1). Gruppen sind allerdings nicht einfach eine Zusammenstellung von Personen. Konstitutiv sind Zusammenhalt, Vertrauen und emotionale Sicherheit (vgl. Kenny, 1999, S. 35), die durch längerdauernde, gleichrangige soziale Interaktion in der Zusammenarbeit gestärkt werden. Schwierig ist jedoch, die Gleichberechtigung in der Community of Practice zu sichern, wenn Teilnehmer unterschiedlichen Hierarchieebenen der Organisation angehören (vgl. Senge, 2011, S. 268).

Erfolgreiche Communities of Practice können nicht von oben angeordnet werden, sondern sie entstehen dadurch, daß Menschen zusammenkommen und gemeinsam an einem Problemfeld (Domäne) arbeiten. Dieses Zusammenkunft kann jedoch durch Führungskräfte veranlaßt und gefördert werden. Hierin liegt ein wichtiger Beitrag des klassischen Managements (vgl. Wenger & Snyder, 2000, S. 140). Die Selbstorganisation der Community of Practice steht einer Förderung durch die Organisation keineswegs entgegen, sie profitiert im Gegenteil erheblich davon (vgl. Wenger & Snyder, 2000, S. 143). Fragwürdig erscheint jedoch der Vorschlag, potentielle Themengebiete einer neu zu einzurichtenden Community of Practice zu identifizieren (vgl. Enkel et al., 2002, S. 119), da hier anstelle einer organisch gewachsenen tatsächlichen Praxis der Führungsgedanke mit angeordneter Umsetzung sowie die Zielvorgabe aus der Unternehmenshierarchie heraus deutlich anklingt. In der Eigenlogik der als Abteilung institutionalisierten Community of Practice bei Siemens (vgl. Enkel et al., 2002, S. 108) ist dies schlüssig. Diese institutionelle Legitimierung erfolgte, weil die zuvor informelle Community of Practice sich aktiv um Unterstützung der Organisation bemühte (vgl. Enkel et al., 2002, S. 109), um auf Unternehmensressourcen zugreifen zu können, da die Zahl der Teilnehmern ein größeres Maß an Verwaltung und Unterstützung erforderte (vgl. Enkel et al., 2002, S. 110; vgl. Franz et al., 2002, S. 139). Dieses Entstehungsmodell weicht jedoch stark von der in der Literatur üblicherweise betrachteten Form einer Community of Practice ab, und kann daher nicht vorbehaltlos empfohlen werden.

Die Einrichtung einer Community of Practice kann auf mannigfaltige Hindernisse stoßen: Teilnehmer müssen geworben und motiviert werden, diese müssen auch Zeit besitzen, die Schwelle des Informationsaustauschs muß abgesenkt werden und schließlich muß sich Vertrauen der Teilnehmern untereinander einstellen (vgl. Tarmizi et al., 2009, S. 20). Dabei muß beachtet werden, daß die Community of Practice ihren Freiwilligkeitscharakter nicht verlieren darf. Zwangsweise Teilnahme führt in der Regel statt echter, intrinsischer Motivation lediglich zu passiver Teilnahme (vgl. Senge, 2011, S. 243). Der Zeitfaktor weist mehrere Aspekte auf: die Teilnehmer wenden nicht nur für die Treffen der Community of Practice und eventuelle Vor- und Nachbereitungen individuell Zeit auf, sondern die Community of Practice muß auch als solche Zeit haben, also eine längere Bestandsdauer, in der hinreichend viele Teilnehmern zugleich in der konkreten Domäne arbeiten. Aufgrund des allgegenwärtigen wirtschaftlichen Drucks besteht die Gefahr, daß kurzfristige Erwartungshorizonte die Angestellten unter Druck setzen und dadurch einen langfristigen und tragfähigen Gruppenbetrieb gefährden (vgl. North et al., 2004, S. 16). Dazu ist sicherzustellen, daß die Teilnehmern nicht unablässig durch höherpriore Aufgaben unterbrochen oder von dieser Arbeit abgehalten werden. Dazu müssen die Teilnehmer eine gewisse Autonomie besitzen, ihre Arbeitszeit selbst strukturieren zu können (vgl. Kerno, 2008, S. 73). In Bereichen der Wissensarbeit ist dies meistens gegeben, jedoch ist die Übertragbarkeit des Community-of-Practice-Konzepts auf stärker vorgeplante Arbeitsbereiche, beispielsweise Fertigungsbereiche, in dieser Hinsicht fraglich.

Wissensarbeit kann gefördert werden, indem Selbstverwirklichung ermöglicht wird (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 42). Dazu gehören auch Karrierewege abseits der konventionellen Aufstiegsmöglichkeiten in Positionen der Personalführung (vgl. Gillen, 2006, S. 9), da solche Positionen für Fachkräfte in wissensintensiven Berufen häufig wenig attraktiv sind (vgl. North et al., 2018, S. 171; vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 91), und gegebenenfalls entgegen eigener Stärken und Motivation eher aus Status- und Entlohnungsgründen heraus angenommen werden. Die Motivation der Angestellten in Bereichen der Wissensarbeit kann in der Regel nur teilweise durch arbeitsvertragliche Regelungen wie Gehalt und Arbeitszeitvorgaben gesichert werden, da das Arbeitsumfeld relativ unstrukturiert ist. Ein flexibler Umgang mit Anreizen ist daher anzuraten (vgl. North & Güldenberg, 2009, S. 43). Die Unterstützung und Anerkennung von Communities of Practice und ihrer Leistungen durch höhere Führungskräfte motivieren die Teilnehmer zusätzlich. Dies kann unter anderem durch Sichtbarmachen der Communities of Practice in Meetings und formellen Agenden geschehen (vgl. Retna & Tee Ng, 2011, S. 51–52).

Hilfreich ist, daß Unternehmen die bildungswissenschaftlich-theoretischen Fundierung nicht kennen und verstehen müssen; die Community of Practice muß nicht puristisch korrekt angewendet werden, um positive Effekte zu zeitigen. Dennoch unterstützen mittlerweile viele Praxisratgeber in der Umsetzung, mal mit mehr, mal mit weniger Theoriehintergrund.

Ausblick

Wünschenswert wären genauere Untersuchungen, wie sich Communities of Practice in bestehende Unternehmensstrukturen und -hierarchien einfügen können. Dazu könnten entsprechende Untersuchungen zu Matrixstrukturen in Unternehmen adaptiert werden (vgl. Kerno, 2008, S. 77). Ferner stellt sich die Frage, ob und wie sich Communities of Practice verschiedener Größenordnungen an Teilnehmern unterscheiden (vgl. Roberts, 2006, S. 630). Ist es plausibel, daß ein und derselbe Satz von Prinzipien und Vorgehensweisen ebenso auf die kleine Gruppe von zehn Personen anwendbar ist wie auf ein konzernumspannendes Netzwerk von tausenden Teilnehmern? Sind Kipp-Punkte erkennbar, ab denen sich der Charakter einer Community of Practice regelmäßig verändert?

In der Peripheren Legitimen Partizipation konzentriert sich auch die Frage nach den Machtstrukturen in einer Community of Practice, die Lave und Wenger nur oberflächlich beleuchten (vgl. Roberts, 2006, S. 627). Nur durch Akzeptanz der Alt-Teilnehmern gelangen Neu-Teilnehmer auf die Trajektorie, die sie zur vollen Partizipation führen kann (vgl. Contu & Willmott, 2003, S. 285). Der Vorbehalt der Partizipation, auch wenn diese in aller Regel gewährt wird, ist ein Machtfaktor. Ebenso können Alt-Teilnehmer mit relational stärkerer Machtbasis Neu-Teilnehmern die Erlangung einer Identität als (Fach-)Autorität verwehren (vgl. Lave & Wenger, 1991, S. 42). Die Analyse von Machtstrukturen ist jedoch auf zweierlei Weisen beschränkt: trotz Verwendung ethnographischer Studien aus sehr unterschiedlichen Zeiten und Orten auf der Welt verzichten Lave und Wenger auf eine kritische Reflexion der kontemporären anglozentrischen Sicht auf diese Phänomene. Zudem wird der Begriff der Gemeinschaft nicht genauer darauf untersucht, inwiefern er durch hegemoniale Prozesse – beispielsweise in Bezug auf Geschlecht oder Ethnie – bestimmt ist (vgl. Contu & Willmott, 2003, S. 287–288). Empirische Untersuchungen zur Community of Practice streifen zuweilen den Machtaspekt (vgl. Heiss, 2009, S. 99), eine explizite Untersuchung der Machtstrukturen von Communities of Practice sowie ihrer Auswirkungen wäre jedoch interessant.

Besonders interessant wären konkrete quantitative, empirische Untersuchungen statt qualitativ geprägter Erzählungen und Fallbeispiele zur Wirksamkeit der Community of Practice. Zwar sind die potentiell relevanten Variablen hier sehr zahlreich und in einem komplexen Kausalnetzwerk miteinander verknüpft, zudem erscheint die Operationalisierung dieser Variablen bereits auf den ersten Blick herausfordernd, jedoch ist diese Frage für die Unternehmen zentral, auch um den Ressourceneinsatz zu steuern.

Eine weitere, wenn auch nicht originär bildungswissenschaftliche Fragestellung wäre, ob die Community of Practice den Sprung aus der akademischen Theorie in die Unternehmenspraxis vergleichsweise unbeschadet überstanden hat. Die praktische Übernahme in den Unternehmen gründet zwar ersichtlich nicht auf lerntheoretischen Erwägungen, sondern eher auf dem Wissensmanagementsaspekt. Dennoch widerspricht dies nicht einer geglückten Übernahme der Theorie in die Praxis. Falls dies positiv beantwortet würde, könnte weiterhin gefragt werden, ob die direkte Beteiligung Wengers sowohl an der Genese in der Forschung als auch an der Popularisierung in der Wirtschaft diese Brücke erfolgreich schlagen ließ. Eine solche Untersuchung könnte durch Vergleich der Community of Practice mit anderen in Unternehmen anwendbaren Theorien, beispielsweise den Kompetenztheorien, erfolgen. Dabei könnte in der Literatur formulierte Kritik an aus Theoriesicht falscher betrieblicher Praxis untersucht werden.

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